Weinheim

Lars Klingbeil: Drei Zutaten gegen den Bäckermangel

Bei einem politischen Zwischenstopp bei der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim backt der Vorsitzende der Bundes-SPD nicht nur Brezeln. Was er vorschlägt, um der gebeutelten Branche zu helfen.

Gemeinsam Brezeln backen: Beim Besuch des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil (Mitte) bei der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim standen die Themen Ausbildung und Fachkräftemangel im Fokus. Foto: Katrin Oeldorf
Gemeinsam Brezeln backen: Beim Besuch des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil (Mitte) bei der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim standen die Themen Ausbildung und Fachkräftemangel im Fokus.

Lars Klingbeil streift sich die weiße Bäckerjacke über. Als amtierender Brotbotschafter hat er eine eigene mit goldenem Namenszug auf der Brust. Doch ganz leicht geht dem Vorsitzenden der Bundes-SPD, der zwischen zwei Wahlkampfterminen in Hessen und Bayern in Weinheim einen Zwischenstopp einlegt, das Zuknöpfen nicht von der Hand. Da müssen die Meister des Zentralverbandes des Bäckerhandwerks noch ein bisschen nachhelfen. Aber ohnehin gibt sich Klingbeil an diesem Morgen in der Bundesakademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim alles andere als zugeknöpft. Er ist aufgeschlossen für das Anliegen, dem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel in der Branche durch bessere Rahmenbedingungen zu begegnen.

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Nachwuchssorgen plagen

„Das Bäckerhandwerk braucht Nachwuchs. Hier ist die Gesellschaft, aber auch die Politik gleichermaßen gefordert. Die Politik muss sich zur dualen Aus- und Weiterbildung bekennen und die Weiterbildung fördern – in Wort und Tat“, bringt es Friedemann Berg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes, auf den Punkt. Und damit trifft er bei Lars Klingbeil auf offenen Ohren. Der sagt: „Wenn es darum geht, den Fachkräftemangel zu bekämpfen, sind drei Dinge wichtig: Das vorhandene Potenzial in Deutschland noch stärker zu mobilisieren, in dem wir junge Menschen in Ausbildung bringen, und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, damit vor allem mehr Frauen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Und drittens, wir müssen qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu uns holen und sie hier dann auch willkommen heißen.“ Helfen soll da der viel diskutierte Deutschland-Pakt, um Bürokratien abbauen und den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Ob das allerdings reicht, um dem Bäckereisterben entgegenzuwirken? Nach Corona belasten die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise viele Bäckereibetriebe. Im vergangenen Jahr verschwanden deutschlandweit insgesamt 780 Bäckereien vom Markt. Etwas mehr als 9600 Bäckerbetriebe waren Ende 2022 in die sogenannte Handwerksrolle eingetragen, teilt der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks mit. Das waren rund 3,6 Prozent weniger als noch im Jahr davor. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 gab es noch rund 12 600 Betriebe in Deutschland – knapp 3000 mehr als aktuell.

Die junge Generation: Selina Tautermann und Roland Peter Schilffarth. Foto: Katrin Oeldorf
Die junge Generation: Selina Tautermann und Roland Peter Schilffarth.

An Attraktivität mangelt es dem Berufsstand noch aus einem weiteren Grund: die Arbeitszeiten. Nachtarbeit womöglich an sieben Tagen der Woche – das schreckt viele junge Menschen ab. Dabei geht es auch anders, wie das Beispiel vom Michael Kress in Weinheim zeigt. Sein Laden „Brot Hand Werk“ mit einem „Bäckereikonzept 2.0“ läuft wie geschnitten Brot. Kress setzt nicht nur auf eine kleine Auswahl hochwertiger Backwaren, sondern auch auf lediglich fünf Backtage. Damit seine Bäcker nicht so früh rausmüssen, wird erst um 11 Uhr geöffnet. Die Zeiten wandeln sich. Dem muss sich das Handwerk anpassen. Das sehen auch Selina Tautermann (22) und Roland Peter Schilffarth (23) so. Die beiden Bäckereifachverkäufer lassen zurzeit sich an der Bäckerfachschule weiterbilden. Sie gehören der neuen Generation an, die Lars Klingbeil beim Rundgang kennenlernt.

Unter den Augen von Fachlehrerin Lea Wagner rollt Klingbeil den Teig nach Anleitung. Foto: Katrin Oeldorf
Unter den Augen von Fachlehrerin Lea Wagner rollt Klingbeil den Teig nach Anleitung.

Talent ist zu erkennen

Bevor es politisch ans Eingemachte geht, werden allerdings in Weinheim erst mal die Ärmel hochgekrempelt und die Hände gewaschen. Der Brotbotschafter darf selbst ran. Die Teiglinge für die Brezeln stehen schon bereit. Unter den Augen von Fachlehrerin Lea Wagner rollt Klingbeil den Teig nach Anleitung. Den Dreh für die spezielle verschlungene Form hat der Politiker schnell raus. „Für die Nationalmannschaft wird es wohl noch nicht reichen“, witzelt ein Ausbilder, „aber Talent ist zu erkennen“.