Fotografie

Weinheimer Hobby-Fotograf lichtet "Menschen dieser Stadt" ab

Sven Sasse-Rösch fotografiert für sein Projekt "Menschen dieser Stadt" Bürger, die seine Wahl-Heimat prägen.

Selbst ein Mensch dieser Stadt: Hobby-Fotograf Sven Sasse-Rösch. Foto: Privat
Selbst ein Mensch dieser Stadt: Hobby-Fotograf Sven Sasse-Rösch.

In seinem Rucksack ist sie fast immer dabei: die Sony alpha 7/4. „Ich liebe diese Kamera“, sagt Sven Sasse-Rösch, Weinheims wohl bekanntestes Hobby-Fotograf, der mit seinen Bildern immer wieder in unserer Zeitung vertreten ist. Die Fotos sind eine Liebeserklärung an Weinheim, seine Wahl-Heimat, mit der sich der gebürtige Brandenburger seit über 20 Jahren verbunden fühlt – mit der Stadt, aber auch mit den Menschen, die hier wohnen. „Und die Weinheim zu dem machen, was es für mich ist: liebenswert“, erklärt Sasse-Rösch.

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Seit rund einem Jahr nimmt er diese Menschen in den Fokus und rückt sie damit in den Mittelpunkt. Nicht die Lokalprominenz, sondern der Mann oder die Frau von nebenan. Menschen, die Weinheim prägen, „die hier ihre Handschrift hinterlassen“, wie er sagt. „Menschen dieser Stadt“ nennt der Hobby-Fotograf sein Projekt, in dessen Rahmen er bisher mehr als 30 Personen abgelichtet hat. Sasse-Rösch: „Oft fotografiere ich Leute, die sonst kaum wahrgenommen werden und doch so viel zur Gemeinschaft beitragen.“

Da ist zum Beispiel Lars Röske, OP-Pfleger an der Weinheimer GRN-Klinik. „Er ist da, wenn es drauf ankommt“, schreibt Sasse-Rösch auf seinem Facebook und Instagram-Account „Weinheimer Blickwinkel“ unter die Fotos. Darauf blickt Lars Röske mit Haube und Mundschutz in die Kamera – müde und erschöpft, aber zufrieden. Die Fotos entstanden nachts nach einer langen Schicht. Nahaufnahmen von OP-Geräten geben einen Einblick in die Arbeit. Auf einem Monitor steht in großen Buchstaben „Bereit“. Die Maschine ist es, Lars Röske auch. Ein Mensch dieser Stadt.

Müde, aber zufrieden: OP-Pfleger Lars Röske nach einer langen Schicht. Foto: Sven Sasse-Rösch
Müde, aber zufrieden: OP-Pfleger Lars Röske nach einer langen Schicht.

Begegnungen ohne Voyeurismus

Für Sasse-Rösch ist der Besuch im OP einer dieser besonderen Momente, die die Begegnungen auszeichnen. Spontan oft, weil dann nichts gestellt ist, oder auch verabredet. Immer mit einem Blick nicht nur in Gesichter, sondern auch ein bisschen in die Seele. Wie bei Jan Leon Heinecke. Als Frau geboren lebt er nach einer Geschlechtsangleichung mittlerweile als Mann, oder besser weiterhin als „Mensch“. Und so heißt auch das Projekt, das er ins Leben gerufen hat, um Mitgliedern der queeren Community Mut zu geben, ganz einfach „Mensch“.

Nicht ohne Hündin Emma: Jan Leon Heinecke wurde als Frau geboren und steht heute für Toleranz und Vielfalt. Foto: Sven Sasse-Rösch
Nicht ohne Hündin Emma: Jan Leon Heinecke wurde als Frau geboren und steht heute für Toleranz und Vielfalt.

Jeglicher Voyeurismus ist Sasse-Rösch fremd. Er begegnet den Weinheimern freundlich und mit einer sensiblen Offenheit, die die Menschen dazu veranlasst, sich ihm zu öffnen. „Vertrauen gehört schon dazu“, weiß der 57-Jährige. Denn schließlich bügelt der Fotograf nichts glatt, sondern zeigt Falten und graue Haare – ein Abbild des Lebens, weit entfernt von der weichgespülten Filter-Manie, wie sie nur allzu oft auf den sozialen Medien zu sehen ist. Und er lässt die Menschen dabei sie selbst sein. Sein schönstes Kompliment? Sasse-Rösch: „Wenn die Leute sagen: Das bin ich!“

Ein Mann und sein Boot: Betriebsleiter Markus Hester an seinem Arbeitsplatz auf dem Weinheimer Waidsee. Foto: Sven Sasse-Rösch
Ein Mann und sein Boot: Betriebsleiter Markus Hester an seinem Arbeitsplatz auf dem Weinheimer Waidsee.

So wie Silvia Hinkel von „Silvias Floral-Design“, die wunderschöne Sträuße bindet, oder Markus Hester, der Betriebsleiter des Strandbades Waidsee. Alfredo, den gut gekleidete Neapolitaner, der mit seiner auffälligen Lockenmähne ein Stückchen Italien an der Bergstraße verkörpert, hatte er vor der Linse und Alex Hilbert, Wirt der Brasserie Montmartre oben am Marktplatz. Und natürlich Michael Kress, der erste Weinheimer Brot-Sommelier überhaupt, mit einem Sack Mehl über der Schulter in der Backstube. Sie alle finden in schwarz-weiß ihr fotografisches Pendant. „Da kommen die Leute gut rüber“, weiß Sasse-Rösch. Nur selten ist Farbe im Spiel.

Ein Bouquet aus Blüten: Silvia Hinkel bindet Blumen in ihrem Laden „Silvias Floral-Design“. Foto: Sven Sasse-Rösch
Ein Bouquet aus Blüten: Silvia Hinkel bindet Blumen in ihrem Laden „Silvias Floral-Design“.

Ein Stück „Draußen“ für drinnen

Manchmal muss der Hobby-Fotograf gar nicht selbst in Aktion treten, mittlerweile wird er auch vielfach angesprochen und um Bilder gebeten. Man kennt und schätzt ihn, auch aufgrund seiner weiteren Projekte. Im Rahmen seiner Ausstellung „Wo ich zu Hause bin“ setzte er gemeinsam mit der Malerin Inge Eisenhauer die Stadt und ihre schönsten Blickwinkel in Szene – eine Hommage an Weinheim. Für einen Kabelverteilerkasten der Weinheimer Stadtwerke lieferte er ein Bild der Blütenpracht im Hermannshof, um unschönen Schmierereien einen Riegel vorzuschieben. Ob weitere folgen für die baden-württembergischen Heimattage 2025 in Weinheim, bleibt abzuwarten … Im Bodelschwingh-Heim hängen seine Aufnahmen, um ein Stück „Draußen“ zu den Senioren nach drinnen zu bringen. Sein jährlicher Foto-Kalender ist beliebt, besonders bei Exil-Weinheimern. Und für das Weinheimer Märchenbuch von Dr. Markus Weber steuerte er die Fotos bei.

Jüngst hatte Sasse-Rösch Weber erneut vor der Linse – für dessen neues Kochbuch mit überlieferten Rezepten. Der eloquente Apotheker und Buchautor zeigt sich auf den Fotos mit Mehlstaub auf den Wangen und so ausnehmend sympathisch, dass man umgehend mit ihm Teig kneten würde. Weil weitere Talente in ihm schlummern, fotografierte Sasse-Rösch nicht nur, was auf den Teller kommt, er bereitete es auch zu.

„Ich bin gelernter Koch“, verrät er – prädestiniert für diesen Job. Arme Ritter, Krautwickel, geröstete Griessuppe – kein Problem für ihn. Die „alten Hände“, die bei der Zubereitung der Dampfnudeln abgelichtet werden sollten, stammten dann aber doch von Sasse-Röschs Schwiegermutter.

Wird es bald eine Ausstellung zu „Menschen dieser Stadt“ geben? „Vielleicht“, sagt Sven Sasse-Rösch, der sich selbst nicht gern in den Mittelpunkt rückt. Denn dort sind schon diejenigen, die er fotografiert – mit seiner Sony alpha 7/4 und ganz viel Sensibilität.