Weinheim

Diese Menschen geben dem Weinheimer Mittagstisch ein Gesicht

Die ökumenische Aktion "Weinheimer Mittagstisch" hat begonnen: Bei einer Ausstellung stehen von Armut betroffene Menschen im Fokus – so wie Peter, Anna und Mateos.

Freundliche Augen: Der 67-jährige Peter ist Sankt-Pauli-Fan. Die Fotos entstanden im Weinheimer Gerberbachviertel. Foto: Sven Sasse-Rösch
Freundliche Augen: Der 67-jährige Peter ist Sankt-Pauli-Fan. Die Fotos entstanden im Weinheimer Gerberbachviertel.

Sie leben ein Leben im Schatten und sind doch mitten unter uns. Oft werden sie kaum wahrgenommen in einer Wohlstandsgesellschaft, in der kein Platz ist für Not und Elend. Und nicht selten machen sie sich selbst unsichtbar, weil die Scham überwiegt, nicht „reinzupassen“, es nicht geschafft zu haben und vom Schicksal gezeichnet zu sein: Obdachlose und von Armut betroffene Menschen wie Peter, Anna und Mateos. Doch anstatt sich zu verstecken und in die Anonymität abzutauchen, zeigen sie Gesicht – für den Weinheimer Mittagstisch, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum begeht.

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25 Jahre solidarische Unterstützung

Zu diesem Anlass wirft die Ausstellung „Gesichter des Miteinanders“ einen ganz besonderen Blick auf ein Vierteljahrhundert solidarischer Unterstützung und Herzlichkeit. Und was würde sich da besser anbieten, als die Menschen in den Fokus zu rücken, die das ökumenische Angebot, initiiert von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, in Anspruch nehmen?

Mateos (62) begegnet man in Weinheim auch oft auf dem Fahrrad. Foto: Sven Sasse-Rösch
Mateos (62) begegnet man in Weinheim auch oft auf dem Fahrrad.

Acht Porträts geben einen einzigartigen Einblick in die so unterschiedlichen Leben von Besuchern des Mittagstisches, insbesondere aus dem Bereich der Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes für den Rhein-Neckar-Kreis. Die Tagesstätte hat ihren Sitz in Weinheim und bietet wohnungslosen Menschen niederschwellige Alltagshilfen, Unterstützung und konkrete Beratung. Eine gemeinsame Mahlzeit in der Paulstraße sorgt dafür, dass niemand hungern muss.

Anna (55) mag es kunterbunt. Foto: Sven Sasse-Rösch
Anna (55) mag es kunterbunt.

Gesichter und Geschichten

Das ganzjährige Angebot wird seit 25 Jahren ergänzt vom „Weinheimer Mittagstisch“, bei dem in wechselnden Kirchengemeinde in Weinheim für bedürftige Menschen gekocht wird. Die gute Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinden und Caritas mündet jetzt in der gemeinsamen Ausstellung mit Bildern des Weinheimer Fotografen Sven Sasse-Rösch, bekannt durch seine Reihe „Menschen dieser Stadt“. Er ermöglicht durch seine Bilder, in die Gesichter und Geschichten dieser besonderen Gemeinschaft einzutauchen. Mit viel Einfühlungsvermögen und seinem Gespür für das Wesentliche ist es Sasse-Rösch gelungen, die Menschen in würdevoller Weise nicht nur abzulichten, sondern auch ihren Charakter einzufangen. Sasse-Rösch: „Es war mir wichtig, dass diese Menschen mit ihren vielfältigen Schicksalen durch meine Bilder eine Wertschätzung erfahren. Vielleicht kann ich dadurch auch helfen, Vorurteile abzubauen.“

Hobby-Fotograf Sven Sasse-Rösch porträtiert "Menschen dieser Stadt". Dazu gehören auch diejenigen, denen es nicht so gut geht. Foto: Privat
Hobby-Fotograf Sven Sasse-Rösch porträtiert "Menschen dieser Stadt". Dazu gehören auch diejenigen, denen es nicht so gut geht.

Die eindrucksvollen Porträts berühren, und der Betrachter entdeckt in den Falten und Lebenslinien Geschichten, die hinter den Gesichtern verborgen liegen. Dazu tragen auch die kurzen Statements bei, die jedem Porträtierten zugeordnet sind – wenn dort auch nicht auf die einzelnen Schicksale eingegangen wird. Vielmehr steht die Verbindung zum Weinheimer Mittagstisch im Mittelpunkt.

Wünsche an die Stadt

In den Äußerungen zeigt sich die Dankbarkeit für das Angebot der Kirchengemeinden. Silvia (51): „Ich verbinde mit dem Weinheimer Mittagstisch das gute Essen und die Möglichkeit, Leute zu treffen, die ich schon lange kenne und nicht jeden Tag sehen. Außerdem die netten ehrenamtlichen Helfer und die guten Gespräche.“ Mateos (62) geht seit mindestens 15 Jahren zum Mittagstisch. Er sagte: „Alle Menschen, die beim Mittagstisch helfen, sind sehr lieb. Es ist ein gutes Miteinander mit viel Herz.“

Manfred (67) wünscht sich mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft. Foto: Sven Sasse-Rösch
Manfred (67) wünscht sich mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Gefragt nach ihren Wünschen an die Stadt, überraschen die Antworten wenig. Anna (55) sagt: „Ich würde mir wünschen, dass mir der Bürgermeister bei der Beschaffung einer neuen Wohnung hilft.“ Und mehr Wohnraum für obdachlose Menschen erhofft sich auch Peter (67). Weil Mateos viel mit dem Fahrrad unterwegs ist, hätte er gerne mehr Fahrradwege und vor allem rücksichtsvollere Autofahrer und mehr Polizeikontrollen, „damit weniger Unfälle passieren“.

In den Aussagen spiegelt sich aber auch der Wunsch, dazuzugehören und wahrgenommen zu werden. Das ermöglicht die Ausstellung mit Bildern von Menschen, die keinen Grund haben, sich zu verstecken, die in die Mitte der Gesellschaft gehören, auch wenn sie nicht auf der Sonnenseite leben.

Die Ausstellung ist jeweils in den Kirchengemeinden zu sehen, in denen gekocht wird.