Weinheim

WHG: Flüchtlingsunterkunft auf dem Schulgelände?

Erste Planungen liegen bereits für das Grundstück in der Weinheimer Friedrichstraße vor – ob sie konkret werden, darüber entscheidet der Gemeinderat.

Auf dieser Fläche zwischen dem Hausmeisterhäuschen des Gymnasiums und der Wohnbebauung in der Friedrichstraße 3 könnte ein Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen entstehen. Das Schulhaus ist kaum zehn Meter entfernt. Der Standort war bereits 2015 im Gespräch. Foto: Iris Kleefoot
Auf dieser Fläche zwischen dem Hausmeisterhäuschen des Gymnasiums und der Wohnbebauung in der Friedrichstraße 3 könnte ein Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen entstehen. Das Schulhaus ist kaum zehn Meter entfernt. Der Standort war bereits 2015 im Gespräch.

Schulleiterin Gabriele Franke hat schlaflose Nächte hinter sich. Der Grund: Die Stadt Weinheim hat das Schulgelände des Werner-Heisenberg-Gymnasiums im Visier, um hier eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen. Erste Planungen wurden der Schulleitung bereits von der Stadtverwaltung vorgestellt. Danach soll ein Neubau für 32 Flüchtlinge auf dem schmalen Gelände entstehen, auf dem aktuell die Fahrradständer installiert sind. Das neue Gebäude mit einer Größe von 24 auf 12 Metern und einer Höhe von zehn Metern würde direkt zwischen dem Hausmeisterhäuschen und der Wohnbebauung in der Friedrichstraße 3 platziert werden und fast bündig mit dem Auslauf der 75-Meter-Sprintbahn abschließen.

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In der Verlängerung der Fläche befindet sich die Sportanlage der Schule. Foto: Iris Kleefoot
In der Verlängerung der Fläche befindet sich die Sportanlage der Schule.

Noch handelt es sich nur um Planungen – ob sie konkret werden, darüber entscheidet der Gemeinderat in einer seiner nächsten Sitzungen öffentlich. Das bestätigte Weinheims Pressesprecher Roland Kern auf Anfrage. Eine Standortfindungskommission und der Gemeinderat haben sich in den zurückliegenden Wochen und Monaten intensiv mit möglichen Standorten für Flüchtlingsunterkünfte befasst. Kriterien bei der Standortsuche seien unter anderem die Verfügbarkeit eines Geländes und die planungsrechtliche Voraussetzung. „Da beides bei dem Gelände am WHG gegeben ist, wird in diesem Zuge auch über dieses Grundstück gesprochen. Das dürfte schon deshalb nicht überraschen, weil das Grundstück auch schon bei der Standortfindung 2015 im Gespräch war – wie andere auch“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme.

Schon 2015 geprüft

Damals war ein Aufschrei durch die Schulgemeinschaft gegangen, unter anderem weil befürchtet wurde, dass dann auch die hintere Fläche nicht mehr für den Schulsport zur Verfügung steht. Sie wird gerade im Sommer rege genutzt, weil die Schulturnhalle klimatisch schwierig ist. Zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen waren 2015 über 30 Standorte geprüft worden, wovon dem Gemeinderat sechs als geeignet empfohlen wurden. In die engere Auswahl kam auch das Grundstück, das unmittelbar an die Sportanlage des WHG grenzt. Das Areal in der Friedrichstraße war am Ende eines von zwei Grundstücken in der Innenstadt, die abgelehnt wurden.

Jetzt rückt das Thema angesichts von Hunderten von Flüchtlingen, die Weinheim aufnehmen muss, wieder ins Blickfeld. Die Stadt sucht händeringend nach Wohnraum und Grundstücken, die zur Bebauung geeignet sind. Aktuell werden die beiden ehemaligen Schulen, Johann-Sebastian-Bach-Schule (45 Flüchtlinge) und Albert-Schweitzer-Schule (94 Flüchtlinge), so hergerichtet, damit sie geflüchteten Menschen Platz bieten. Einzugstermin ist im Frühjahr. 40 weitere Flüchtlinge sollen in zehn neuen Wohneinheiten in der Containeranlage in der Gorxheimer Talstraße ein Dach über dem Kopf finden. Die nächste Entlastung verspricht sich die Stadt durch einen Neubau im Schleimweg in Sulzbach.

„Wir sind in einer Notlage“

Das reicht noch lange nicht. „Wir sind in einer Notlage“, erklärt Kern. Gleichzeitig ist ihm das Dilemma bewusst, das nur schlecht aufgelöst werden kann. „Kein Standort, den wir jetzt ins Auge fassen, ist optimal“, weiß er. „Wir rechnen mit Kritik.“ Weitere Standorte, die in der Diskussion sind, will er allerdings nicht nennen. Das hat für ihn kein „Geschmäckle“. Standortfindungskommission und Gemeinderat sollen zunächst die Gelegenheit haben, sich nicht öffentlich zu beraten. Kern: „Denn es werden ja auch Varianten besprochen, die gar nicht auf die Prioritätenliste kommen.“

Das könnte auch im Fall des Werner-Heisenberg-Gymnasiums so sein. Die Stadtverwaltung habe die Schulleitung damals wie heute in die Prüfung des Standortes eingebunden. „Es ist aber keine Entscheidung gefallen – und das wird auch nicht hinter verschlossenen Türen passieren, sondern erst nach einer Information der Bürgerinnen und Bürger“, verspricht er.

Bürger-Infoveranstaltung

Daher ist folgendes Vorgehen vorgesehen: Der Gemeinderat wird zunächst eine Priorisierung der möglichen Standorte beschließen. Zu Beginn des neuen Jahres ist dann eine Bürger-Informationsveranstaltung geplant, in der alle denkbaren Standorte vorgestellt werden. Erst danach wird der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung abschließend eine Entscheidung über einen Standort treffen.

Bauchschmerzen bereitet Schulleiterin Franke die Planung schon jetzt. Sie ist im Gespräch mit unserer Redaktion sichtbar um Ausgleich bemüht und formuliert vorsichtig. „Wir sind uns bewusst, dass die Menschen gut untergebracht werden müssen und wir verstehen, dass die Stadtverwaltung alle Möglichkeiten untersucht. Wir sind auch dankbar, dass wir gehört wurden“, sagt sie. Und dann kommt das Aber: „Als Schulleiterin muss ich die hohe Ausbildungsqualität unserer Schule, die gute Arbeitsatmosphäre und mittelfristig auch die letzte und einzige Möglichkeit zur Entwicklung unserer Schule im Blick behalten.“ Schließlich geht es um nicht weniger als den Wegfall der rund 100 Abstellplätze für Fahrräder. Franke: „Wenn die nicht mehr da sind, haben wir ein Problem.“ Ein wichtiger Aspekt ist für Franke auch die Sozialverträglichkeit.

Zweites Gebäude?

Auch wenn das Sportgelände von den aktuellen Planungen noch nicht tangiert wird, so stellt sich doch die Frage, wo die zukünftigen Bewohner parken, wo sie sich im Außenbereich aufhalten sollen, wo deren Kinder spielen. Die Befürchtung liegt nah, dass der Sportplatz, den nachmittags und abends auch Sportverein nutzen, über kurz oder lang ebenfalls in Anspruch genommen wird. Eventuell könnte sogar ein zweites Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen entstehen.