Fürth

Die Jugendfastnacht in Fürth rettet das Universum und den Odenwald

An drei Abenden nimmt die KJG Fürth ihr Publikum im Jugendheim mit auf einen rasanten und wilden Ritt durch Zeit und Raum.

Auf eine bunte Reise durch die Zeit hat die KJG Fürth die Gäste bei der Feerder Jugendfasnoachd mitgenommen. Foto: Fritz Kopetzky
Auf eine bunte Reise durch die Zeit hat die KJG Fürth die Gäste bei der Feerder Jugendfasnoachd mitgenommen.

Sie haben den „Ourewoald“ vor einem Asteroiden-Einschlag gerettet, in den „Bleed Wars“ dunkle Mächte besiegt, Fürth mit ritterlicher List gegen die angreifenden Wasserschnecken verteidigt, die Berliner Mauer eingerissen und noch manche andere globale und lokale Misere gemeistert, um am Ende den Skandal im Sperrbezirk mit einer rauschenden Fastnachtsparty aufzulösen. Viel Arbeit für einen einzigen Abend, aber wenn die Jugendfastnachter der KJG Fürth einmal in Fahrt sind, dann bremsen sie weder der „Dunkle Vadder“ noch antike Kamelkleber oder „Roansereiße“ (Bauchweh, Anm. d. Redaktion).

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Zumal wenn man ihnen eine echte Zeitmaschine in die Hand gibt, mit der sie in ein paar Sekunden aus dem Jahr 2024 ins alte Ägypten reisen und von dort ruckzuck zurück in die Zukunft, ins Jahr 2045, katapultiert werden. Das feierlaunige Publikum bei den drei Prunksitzungen der „Feerder Jugendfasnoachd“ lässt sich gerne mitnehmen auf diesen wilden Ritt. Für die allermeisten, die da im katholischen Jugendheim ausgelassen durch Raum und Zeit gleiten, ist die erste Station quasi bereits prähistorisch: die 80er-Jahre.

Wo mit RTL 2 die Bildungsmisere ihren Lauf nahm, schlägt die Zeitmaschine das erste Mal auf, mit der zwei Probanden vom etwas skurrilen – oder sagt man „verrückten“ – Professor auf Testfahrt geschickt worden sind. Die genaue Bedienungsanleitung? Nach der hat vor lauter Euphorie niemand gefragt – „Punktlandungen“ in Zeit und Raum sind deshalb schwierig. So endet die Suche nach Omas Cesar-Salat-Rezept bei den Galliern um Asterix und Obelix, wo die Speisekarte eher von Wildschweinen dominiert wird.

Foto: Fritz Kopetzky
Foto: Fritz Kopetzky
Foto: Fritz Kopetzky
Foto: Fritz Kopetzky
Foto: Fritz Kopetzky

Eine bunte Show

Die „Feerder Jugendfasnoachd“ – die es seit 1957 gibt – unterscheidet sich in mancherlei Hinsicht (wohltuend) von klassischen Prunksitzungen. Es wird eine Geschichte erzählt, in die sich alle Programmpunkte einfügen. Zu diesen gehören Tänze, bei denen die Choreografien ebenso beeindrucken wie die Kostüme, und Musiknummern – allesamt übrigens „live“ gesungen, was man angesichts der hohen Qualität an mancher Stelle tatsächlich dazusagen muss. Beim Skandal um Rosie im Sperrbezirk etwa.

Die Jugend steht auf der Bühne – und hat auch im Saal die Oberhand: Sobald Musik erklingt, sitzt kaum noch jemand im Jugendheim. Auf Stühlen und Tischen wird mitgetanzt und -gesungen. Das macht manche Landung im nächsten Wortbeitrag hart – es dauert, bis der Puls wieder sinkt und die Aufmerksamkeit steigt. Aber die Übung gelingt immer wieder.

Und es lohnt sich, genau aufzupassen bei den TikTok-Nachrichten des Jahres 2045 – nicht nur an dieser Stelle arbeiten die KJG-Fastnachter mit toll produzierten Videoeinspielern. „Ouregeddon“ steht kurz bevor – ein Asteroid rast auf den Odenwald zu. Da muss die Zeitreise natürlich unterbrochen werden. Stattdessen geht es auf Rettungsmission ins All. Und obwohl die Rakete bereits drei Millionen Kilometer auf dem Tacho hat und 15 bis 20 Mängel bei der letzten TÜV-Prüfung sammelte, eröffnet sich die wirklich schlechte Nachricht erst nach dem Start: Im Jahr 2045 wird an der B 38a in Mörlenbach noch gebaut. Die Deutschen im Weltraum – „All-Manns“ – sorgen demhingegen für gute Nachrichten: Der gefährliche Himmelskörper – oder war es nur ein abgedrifteter Stein aus dem Felsenmeer – ist zerstört und der „Ourewoald“ gerettet. Wenigstens der. Denn die Kleberproteste der altägyptischen Aktivisten gegen die „Schdoaverschwendung“ beim Pyramidenbau waren, wie die Geschichte zeigt, erfolglos. Und auch die beiden tapferen Grenzwachen aus der DDR können den Fall der Mauer nicht verhindern. Zum Glück schaffen es die Fürther Ritter, die Attacke der Mörlenbacher Wasserschnecken mittels einer Tempo-30-Zone auszubremsen. So eine Zeitreise offenbart eben, an welch seidenem Faden das Schicksal oft hängt.

Party bis in die Nacht

Und auch die Zukunft wird kompliziert: Kaum haben die Omas die Sprache ihrer Enkel halbwegs entschlüsselt (Warum heißt ein Dürrer „Digga“?), da stürzen die „Bleed Wars“ das Universum beinahe ins Unglück. „Bleed wars“ schon immer, in den Krieg zu ziehen. Aber die Fehde, in die sich der Dunkle Vadder, Prinzessin Leilich, Lu Schweißwalker und Konsorten plötzlich verwickelt sehen, erscheint schon besonders skurril. Gut, dass „unsere Helden“ das begehrte Relikt besitzen, welches universalen Frieden bringen kann: die letzte Schmucker-Flasche mit dem alten Etikett.

So wird nach drei Stunden rasanter Zeitreise durch Raum und Verstand die Rettung des Universums, die von Fürth und dem ganzen Rest gefeiert. Das dauert bis in die Nacht, zur Musik von DJ Richy auf der Tanzfläche oder in den beiden Bars.