Kohlemeiler

Ein Hotspot im Odenwald

Einem alten Odenwälder Handwerk wird wieder Leben eingehaucht. Bis Sonntag kann man Köhlern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen und ein Rahmenprogramm erleben.

Heute Abend wird von den Hobbyköhlern wieder der Kohlenmeiler entfacht. Foto: Thomas Wilken
Heute Abend wird von den Hobbyköhlern wieder der Kohlenmeiler entfacht.

Immer im jährlichen Wechsel mit den FC Odin und Gesangverein Harmonie aus Schönmattenwag wird in Hinterbach der Kohlenmeiler entzündet. Während deren Holzberg auf der Raubacher Höhe vor sich hin schwelt, zündet das Kühlerteam aus dem kleinen Oberzent-Stadtteil Hinterbach seine aufgeschichten 20 Meter Buchen ein paar Meter tiefer am Finkenbach an.

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So wird wieder altes Odenwälder Handwerk lebendig. Ab heute, 18 Uhr, bis zum Sonntag kann an der Straße Richtung Raubach in der Nähe des Tretbeckens der Kohlenmeiler bestaunt werden. Betreut wird er vom Köhlerteam Hinterbach, das sich bereits seit 1989 diesem Hobby verschrieben hat. 20 Meter Buchenholz aus heimischen Wäldern werden in wenigen Tagen zu qualitativ bester Holzkohle.

Seit März liefen die Vorarbeiten, bei denen sich das Team jeden Samstag auf dem Gelände traf und es für die Veranstaltung herrichtete. In den Tagen vor dem Startschuss schaltete man auf täglich um. Das Buchenholz bekam eine Moosschicht, damit das „Gestübb“, die Erde, als luftdichte Abdeckung nicht durchrieseln kann. Denn sonst kommt keine Glut mehr ans Holz.

Vom Meiler ins Bügeleisen

Die so gewonnene, hochwertige Holzkohle wurde früher, als das alte Handwerk noch zum Lebensunterhalt diente, für Hufschmiede und Erzverhüttungsbetriebe gebraucht. Sogar Bügeleisen im Haushalt wurden damit befüllt. Heute wird sie von „Grillprofis“ hochgeschätzt. Etwa 30 Kilo Holzkohle pro Festmeter sind das Ergebnis der schweißtreibenden Arbeit.

Die Kohle zeichnet sich durch einen hohen Brennwert und Langlebigkeit aus. Ihre gute Qualität kann man daran erkennen, dass sie leicht bricht, bläulich glänzt und kaum abfärbt. Um dies zu erreichen, ist ein hoher Arbeitseinsatz erforderlich, da der Meiler natürlich rund um die Uhr bewacht werden muss.

Auf dem Meilerplatz ist daneben die traditionelle Schlafstätte der Köhler aufgebaut. Neben der fachkundigen Erläuterung sorgen Schautafeln, alte Werkzeuge und Geräte für einen authentischen Einblick in das heute so gut wie nicht mehr existente Köhlerhandwerk. Neben Thomas Frisch kümmern sich Ralf Fischer, Thomas Klein und Steffen Kabel um den rauchenden Koloss.

Team von 25 Helfern

Sie gehören zum etwa 25-köpfigen Köhlerteam. Das musste in diesem Jahr etwas „abspecken“. In den Vorjahren schwelte der Meiler neun Tage für die Öffentlichkeit vor sich hin. Dieses Mal wählte man für die ersten Tage einen „sanften“ Start und startet erst heute Abend öffentlich, weil nicht mehr so viele Helfer wie früher zur Verfügung stehen.

Im Rahmen der Vorarbeiten wurde auch ein neuer Unterstand für Essens- und Getränkeverkauf gebaut. Und weil die Freiwilligen gerade dabei waren, richteten sie auch das nebenan gelegene Kneipp-Becken wieder her. Wegen der Corona-Pandemie wurde das alle zwei Jahre stattfindende Spektakel 2021 nicht durchgeführt. Entsprechend aufwendig war es, den Platz wieder herzurichten, schildert Frisch.

Wenn der Meiler raucht, glüht nebenan auch immer der Grill. Die Köhlertage sind bekannt für ihre urigen Speisen zu moderaten Preisen. So gibt’s etwa morgen das Odenwälder Hochzeitsessen, Rindfleisch mit Meerrettich. Am Samstag steht neben Steak, Leberkäse, Bratwurst sowie Koch- und Handkäse auch Kesselgulasch auf dem Speiseplan. Am Abschlusssonntag findet ein ausgedehnter Frühschoppen bis 13 Uhr statt. Währenddessen wird ab 9 Uhr auch die gewonnene Holzkohle verkauft.

Bis dahin hoffen die vier Hobby-Köhler auf wärmere Nächte. Denn am Bach war es in der ersten Zeit mit vier bis sechs Grad doch noch ziemlich frisch, auch wenn sich die Tage dann erfreulich warm präsentierten. Doch der Kohlenmeiler macht einfach Spaß – so viel, dass Ralf Fischer dafür sogar drei Wochen seines Jahresurlaubs opfert. Denn Tradition will gepflegt sein.