Grasellenbach

Im Odenwald gibt es Hilfe für die Opfer häuslicher Gewalt

Im Sommer hat sich „Phönix“ gegründet, eine Initiative, die Betroffene bei häuslicher Gewalt oder Mobbing unterstützt

Foto: Symbolbild Canva

„Gemeinsam stark gegen Gewalt“ – das steht groß und mit Ausrufezeichen auf dem Flugblatt von „Phönix“. Seit dem Sommer gibt es im Überwald jetzt die Selbsthilfegruppe, die Hilfe für Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt sowie von Stalking oder Mobbing anbietet (die OZ berichtete).

„Wir sind Ansprechpartnerinnen in Notsituationen, leisten persönliche Hilfe, auch am Abend oder am Wochenende“, sagt Manuela Biedenbender, die die Gruppe zusammen mit Petra Hebenstreit initiiert hat. Sieben weitere Frauen haben sich angeschlossen, außerdem bekommt „Phönix“ von verschiedenen Stellen Unterstützung. Eigentlich habe man mit der Gründung noch warten wollen, erklären die Frauen. Doch seien sie beim Selbsthilfetag in Viernheim gebeten worden, doch schon früher eine Initiative ins Leben zu rufen. Flugblätter mit Telefonnummern wurden gedruckt, und eine Woche später gingen schon die ersten Hilferufe ein; Frauen aus Lorsch, Heidelberg oder Oberzent hätten sich gemeldet, die Helferinnen seien hingefahren. „Wir haben uns überlegt, was braucht man in der akuten Situation“, beschreibt Biedenbender Gespräche mit Betroffenen und betont, dass es für Opfer wichtig sei, die eigene Person als kompetent und selbstwirksam zu erleben. Hebenstreit machte 2014 erste Erfahrungen mit dem Thema Gewalt in der Ehe, als sie eine Freundin bei deren Trennung unterstützte: „Es ist wichtig, dass man zusammensteht, dass man ein festes Team bildet.“ Als Weggefährtin hat sie erlebt, dass die Frauen oft nicht ernst genommen würden. Erst kürzlich habe sie erfahren, dass es bei der Polizei eine Opferschutzbeauftragte gibt.

Als langfristige Ziele strebt „Phönix“ ein Frauenhaus in der Umgebung an, erklärt Biedenbender; aktuell gebe es eines in Erbach, eines in Heppenheim: „Aber beide sind komplett überfüllt.“ Das zweite große Ziel: „Wir wollen ein Bewusstsein für das Thema schaffen.“ Nicht zuletzt wegen der hohen Opferzahlen und der Dunkelziffer, die befürchten lasse, dass es in Wahrheit noch viel mehr Fälle gebe. Ein weiteres Ziel ist bereits greifbar: Grasellenbachs Bürgermeister Markus Röth hat den Frauen zugesagt, dass sie die Räume in der Weschnitzer Straße 2 bis zur Sanierung für Vorträge und Treffen nutzen können. Jetzt sind dort Vortragsabende geplant, Kreativkurse und Gesprächsrunden.

Die Opferzahlen steigen

  • „Fast alle zwei Minuten wird in Deutschland ein Mensch Opfer von häuslicher Gewalt. Jede Stunde werden mehr als 14 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt.“ So zitierte Bundesfamilienministerin Lisa Paus das Lagebild häusliche Gewalt. Es handelt sich dabei um eine Fortschreibung und Ergänzung der Kriminalstatistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt, die seit 2015 vom Bundeskriminalamt veröffentlicht wird.
  • Weiter zeigt die Auswertung, dass die Opferzahlen in Deutschland gestiegen sind: Im vergangenen Jahr wurden 240 547 Opfer von häuslicher Gewalt erfasst – 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
  • Soweit es Partnerschaftsgewalt betrifft, stiegen die Zahlen um 9,1 Prozent auf 157 550 Opfer. Knapp die Hälfte lebt mit der tatverdächtigen Person zusammen.
  • Die Opfer sind zu 71,1 Prozent weiblich, die Täter zu 76,3 Prozent männlich; zumeist waren sie zwischen 30 und 40 Jahre alt; bei der innerfamiliären Gewalt sind ein Drittel der Opfer Kinder.
  • Der Begriff häusliche Gewalt umfasst einfache sowie gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Stalking, Bedrohung und Nötigung sowie Tötungsdelikte. 2022 wurden 702 Menschen getötet, 454 Frauen und 248 Männer.
  • Viele Taten würden aus Angst oder Scham nicht angezeigt, heißt es weiter: „Deshalb ist mit einem erheblich größeren Dunkelfeld zu rechnen.“
  • Die Selbsthilfegruppe „Phönix“ steht auf der Liste der Caritas Heppenheim; wer dort anruft, bekommt die Kontaktdaten. Man kann sie auch online finden unter selbsthilfe-bergstrasse.de