Fremdenverkehr

Wald-Michelbach verdient sich den Namen Tourismusort

Die Überwaldgemeinde ist eine von 24 Kommunen im Land mit diesem Prädikat – und die erste im Kreis Bergstraße

Eigentlich hätte der Hessische Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Philipp Nimmermann am Donnerstag das Prädikat „Tourismusort“ offiziell an Wald-Michelbach überreichen sollen. Dass er gestern nicht persönlich in den Überwald kam, hatte aber einen guten Grund: Seit dieser Woche hat Nimmermann seinen Dienst im Bundesministerium von Wirtschaftsminister Robert Habeck angetreten, als Nachfolger von Patrick Graichen.

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Vertreten wurde er in Wald-Michelbach von Horst Wenzel, dem Geschäftsführer des Hessischen Fachausschusses für Kur-, Erholungs- und Tourismusorte beim Regierungspräsidium Kassel. „Ich hoffe, die Enttäuschung darüber ist nicht allzu groß“, scherzte dieser zur Begrüßung. Wohl wissend, dass für die Gemeinde, mit Bürgermeister Dr. Sascha Weber an der Spitze, in erster Linie das neue Prädikat von Bedeutung ist – und nicht dessen Überbringer.

Wald-Michelbach ist nun also Tourismusort. Einer von bislang 24 in Hessen und der erste im Kreis Bergstraße. Im Odenwald durfte sich bisher nur Mossautal so nennen, gestern ist neben der Überwaldgemeinde auch noch Michelstadt hinzugekommen. Zwar eröffnet dieser Status der Kommune die Möglichkeit, einen Tourismusbeitrag – vergleichbare mit der Kurtaxe – zu erheben. Diese Karte möchte Wald-Michelbach aber vorläufig noch nicht spielen, wie Weber erklärte. Vorerst dient das Prädikat „Tourismusort“ – das für die Gesamtgemeinde mit allen Ortsteilen gilt – als Werbeträger und Marketingoption, nachdem 2022 die Einstufungen „Erholungsort“ für die Kerngemeinde und Siedelsbrunn ausgelaufen sind.

Alle Kriterien erfüllt

„Wald-Michelbach gehört zu den touristischen Schwergewichten im Odenwald“, sagte Wenzel bei der Urkundenübergabe. Als Belege dafür nannte er die Draisinen auf der Überwaldbahn sowie die Sommerrodelbahn und den Kletterpark auf der Kreidacher Höhe. Ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren musste die Überwaldgemeinde gleichwohl durchlaufen – beginnen mit dem Antrag durch den Gemeindevorstand am 31. Januar 2022 über die Ortsbesichtigung durch eine Kommission, die Beratungen im Fachausschuss bis hin zur Unterzeichnung der Urkunde durch Staatsminister Tarek Al-Wazir.

Als eines der letzten Bundesländer hat Hessen 2017 die Anerkennung als Tourismusort möglich gemacht. Erster erfolgreicher Antragsteller war bereits in den ersten Tagen die Stadt Frankfurt. Zwingendes Kriterium ist, dass die Zahl der Übernachtungen von Gästen im Jahr das Zweifache der Einwohnerzahl übersteigt. Wald-Michelbach hat in dieser Hinsicht den Vor-Corona-Wert von 40 000 Übernachtungen annähernd wieder erreicht, wie Sebastian Schröder von der Zukunftsoffensive Überwald (ZKÜ) erklärte.

Weitere Kriterien sind: eine landschaftlich bevorzugte Lage; bedeutende kulturelle Einrichtungen (Museen oder Theater), internationale Veranstaltungen oder sonstige bedeutende Freizeiteinrichtungen von überörtlicher Bedeutung; geeignete Angebote für Naherholung, wie insbesondere Ausflugsmöglichkeiten, Grünflächen, Rad- und Wanderwege sowie ein vielfältiges gastronomisches Angebot. „Wald-Michelbach erfüllt alle vier Voraussetzungen“, erklärte Wenzel. Zwei davon hätten bereits für die Verleihung des Prädikats ausgereicht.

„Für Wald-Michelbach und die Region ist das ein bedeutsamer Tag“, kommentierte Bürgermeister Weber. Sichtbar wurde dies anhand der Gäste, die zur offiziellen Urkundenverleihung ins Rathaus gekommen waren. Neben Vertretern aus der Kommunalpolitik und von der ZKÜ waren auch das Geopark-vor-Ort-Team und die IHK vertreten. Man erhofft sich einen weiteren Schub für den Fremdenverkehr im Überwald.

Noch keine Beitragserhebung

Da liegt es quasi auf der Hand, ein entsprechendes Prädikat für den gesamten Überwald, also mit Grasellenbach und Abtsteinach, anzustreben. Hier gibt es aber (noch) ein gesetzliches Hindernis: Als Tourismusort können nur Kommunen, keine Regionen anerkannt werden. Und: Eine Anhäufung von derartigen Anerkennungen ist nicht möglich. Will heißen: In diesem Fall müsste beispielsweise Grasellenbach auf seinen Status als Kneipp-Kurort verzichten.

Ein anderer Aspekt des neuen Prädikats ist die damit verbundene Option, einen Tourismusbeitrag einzuführen. Laut Horst Wenzel nutzen aktuell rund 60 Prozent der Tourismusorte diese Möglichkeit. Wald-Michelbach gehört vorerst nicht dazu. Den Beitrag müssten beispielsweise Übernachtungsbetriebe oder Betreiber von Attraktionen leisten und könnten diesen auf ihre Kunden umlegen. Die Mittel sind zweckgebunden und dürfen ausschließlich zur Finanzierung touristischer Infrastruktur und für das entsprechende Marketing eingesetzt werden.

Wenzel ist überzeugt, dass davon alle Beteiligten profitieren: „Zufriedene Gäste kommen wieder, Unternehmer können mit intakter touristischer Infrastruktur und Freizeitangeboten werben und auch für die Einwohner ist ein attraktives Umfeld ein Gewinn.“ Auch Sebastian Schröder sieht darin eine Möglichkeit, vorhandene Einrichtungen, insbesondere in Ortsteilen, zu sanieren und aus ihrem „Dornröschenschlaf“ zu holen.