Überwald/Weschnitztal

Warum 192 Menschen auf der Himmelsleiter standen

Um Spenden für die Tafel in Rimbach zu sammeln, haben die evangelischen Gemeinden im Überwald und Weschnitztal einen Aktionstag veranstaltet. Die Überwälder Gemeinden haben sich dafür eine kreative Aktion rund um den Trommturm ausgedacht.

Das Team rund um Pfarrer Stefan Ningel (rechts) hatte am Sonntag allen Grund zum Feiern. Foto: Fritz Kopetzky
Das Team rund um Pfarrer Stefan Ningel (rechts) hatte am Sonntag allen Grund zum Feiern.

Wenn Pfarrer Stefan Ningel mit Präses Ute Gölz eine flotte Sohle „aufs Parkett“ oder vielmehr auf den Schotter unterm Tromm-Turm legt, dann ist das nicht etwa auf übermäßigen Alkoholgenuss zurückzuführen – vielmehr handelt es sich um ein Tänzchen im Freudenrausch.

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Knapp eine halbe Stunde nach dem musikalischen Startschuss durch Dudelsack-Spieler Volker Ader verkündete Schiedsrichter Sebastian Schröder von Zukunftsoffensive Überwald am Sonntag: „Die Wette ist gewonnen!“ Will heißen: Auf jeder der 192 Stufen der sogenannten „Himmelsleiter“ auf der Tromm stand ein Spender, der zuvor einen Obolus für die Rimbacher Tafel in Trägerschaft der Regionalen Diakonie Bergstraße gestiftet hatte. Sage und schreibe 3285 Euro hat diese Aktion im Rahmen des Tafelaktionstages 2023 erbracht, berichtet das Evangelische Dekanat Bergstraße.

Die Wette

Stefan Ningel, Initiator des ehrgeizigen Unterfangens, und seine Mitstreiter aus den drei Evangelisch-reformierten Kirchengemeinden Hammelbach, Wald-Michelbach und Affolterbach, hatten gewettet, dass es ihnen gelingen wird, auf jeder der 192 Stufen des im vergangenen Jahr errichteten und gut 33 Meter hohen Turmes einen Spender zu platzieren, der die Tafelarbeit finanziell unterstützt.

Als Wettpaten hielten Stephan Arras, Propst der Evangelischen Propstei Starkenburg, Arno Kreh, Dekan des Evangelischen Dekanats Bergstraße, und Tobias Lauer, Leiter der Regionalen Diakonie Bergstraße, dagegen. Weil die Kirchengemeinden die Wette gewonnen haben, müssen die Unterlegenen ihren Wetteinsatz einlösen: Jeweils einen halben Tag lang werden die Hauptamtlichen demnächst die Ehrenamtlichen der Tafelausgabestelle in Rimbach unterstützen.

Eine Weile war das Wettpaten-Trio sich seiner Sache beim Blick auf die „Himmelsleiter“ sicher: Die Zahl der Spendenfreudigen war zwar groß, sie würde aber am Ende nicht ausreichen – allerdings hatten Arras, Kreh und Lauer nicht mit den Musikanten des Posaunenchors Wald-Michelbach gerechnet, die die Veranstaltung musikalisch umrahmten.

Den Joker ausgespielt

Als es tatsächlich knapp zu werden drohte, zog das Duo Ningel/Gölz ganz trickreich den geheimen Joker und die Blechbläser erklommen die „Himmelsleiter“ ebenfalls. Allerdings war das auch ganz im Sinne der Wettpaten: Sie mimten zwar die Besiegten, freuten sich aber mit Stefan Ningel und seinem Team aus über alle Maßen mit.

Bei der Wetten-dass-Aktion war neben vielen Ehrenamtlichen aus den drei evangelischen Überwald-Kirchengemeinden auch die Freiwillige Feuerwehr Weschnitz mit von der Partie: Die Brandschützer fungierten als „Treppenguides“ und führten die Spender in kleinen Gruppen auf den Turm.

Sie haben es geschafft: Das Team um Pfarrer Stefan Ningel haben die Wette gewonnen, genug Spendenfreudige zu versammeln, um jede Stufe des Trommturms – auch bekannt als Himmelsleiter – zu besetzen. Foto: Fritz Kopetzky
Sie haben es geschafft: Das Team um Pfarrer Stefan Ningel haben die Wette gewonnen, genug Spendenfreudige zu versammeln, um jede Stufe des Trommturms – auch bekannt als Himmelsleiter – zu besetzen.

Die wiederum konnten sich beim „Einchecken“ für einen Ansteck-Button entscheiden, dessen Farbe darüber Auskunft gab, wo der Spender platziert werden möchte: Rot gab’s für „Schwindelfreie und Geduldige“, die bereit waren, das obere Drittel des Turmes in luftiger Höhe zu erklimmen. Gelb stand für „recht Mutige und Gelassene“ und damit für einen Platz auf den Stufen im mittleren Teil der „Himmelsleiter“. Und die „Grünen“ wurden als „Unsichere und Hurtige“ im unteren Turm-Drittel platziert.

Engagiert haben sich aus Anlass des Tafelaktionstages 2023 aber nicht nur die Protestanten im Überwald, sondern beispielsweise auch die Evangelischen Kirchengemeinden Birkenau und Reisen, die am Sonntag ins Gotteshaus nach Reisen zu einem Themengottesdienst mit anschließendem Essen eingeladen hatten.

Pfarrerin Alison Albert sowie ihr Mann und Pfarrkollege Marcel Albert griffen in dem gut besuchten Gottesdienst die biblische Geschichte von der „Speisung der 5000“ auf und vermittelten im Rahmen eines Interviews mit Ai Tanigawa-Holzapfel, Mitarbeiterin der Tafelausgabestelle in Rimbach, einen Eindruck von der wichtigen Arbeit, die dort geleistet wird.

Gegenwärtig engagieren sich 102 Ehrenamtliche und versorgen 343 Haushalte beziehungsweise rund 1000 Menschen mit Lebensmitteln. Bei nahezu der Hälfte der Bedürftigen handelt es sich um Kinder. Auf der Warteliste stehen aktuell 37 Familien beziehungsweise 70 Menschen, die nicht versorgt werden können, weil die Tafel an ihre Grenzen geraten ist. „Es ist eine belastende Situation, so viele Menschen vertrösten zu müssen“, so Ai Tanigawa-Holzapfel.

Spenden aus dem Weschnitztal

Der Gottesdienst, der vom Projektchor der Gemeinden Reisen, Birkenau und Mörlenbach unter der Leitung von Christiane Gürtler und Christine Raschke mitgestaltet wurde, bildete aber auch den passenden Rahmen für zwei Spendenübergaben.

Die Konfirmandengruppe des Gemeinde-Trios überreichte den Erlös aus ihrer Brotback-Aktion mit der Reisener Bäckerei Brehm in Höhe von 454,20 Euro. Der Reisener Spielkreis unter der Leitung von Brigitte Moorweiser, der bei seinen monatlichen Treffen pro Teilnehmer einen Euro zugunsten der Tafel einnimmt, überreichte 260 Euro. Inklusive Spenden bei Mittagessen und Kaffeetafel, Konfi-Brotverkauf und Spielkreis-Spende kamen so aus Birkenau und Reisen 1531,40 Euro für die Rimbacher Tafel zusammen.

Christian Rupp, Fundraiser des Evangelischen Dekanats Bergstraße, der den Tafelaktionstag 2023 mit den Akteuren vor Ort organisiert hat, freut sich über die große Spendenbereitschaft aus den Odenwaldgemeinden zugunsten der Tafelarbeit: Stand jetzt seien schon rund 4800 Euro zusammengekommen. Präses Ute Gölz und Arno Kreh hätten außerdem zugesagt, jeden gespendeten Euro zu verdoppeln; der Dekanatssynodalvorstand hat dafür – wie beim vorangegangenen Tafelaktionstage auch – ein Budget von 5000 Euro bewilligt.

Kollekte gewidmet

Weitere Spenden-Mitteilungen werden in den nächsten Tagen noch eintreffen, denn für den Tafelaktionstag 2023 setzten sich noch weitere Kirchengemeinden ein: Die Evangelische Kirchengemeinde Zotzenbach feierte am Sonntag Jubelkonfirmation und wird die Kollekte der Rimbacher Tafel zugutekommen lassen, die evangelische Kirchengemeinde in Rimbach spenden die Kollekte des Themengottesdienstes ebenfalls. Überdies haben auch die Evangelischen Kirchengemeinden Mörlenbach und Fürth an die Tafel gedacht.