Birkenau

Wie der Tanz eine Birkenauerin rund um die Welt führt

Nadine Stein tanzt als Leiterin des Birkenauer Tanzstudios "Phantasie" nicht nur in der Heimat - sondern auch in Indien.

Als Leiterin des Tanzstudios "Phantasie" hat Nadine Stein bereits einiges erlebt - unter anderem Onlinestunden während der Corona-Pandemie. Foto: Fritz Kopetzky
Als Leiterin des Tanzstudios "Phantasie" hat Nadine Stein bereits einiges erlebt - unter anderem Onlinestunden während der Corona-Pandemie.

Nach dem Abitur wollte sie eigentlich Erzieherin werden. Und mit dem Zusatz „staatlich geprüft“ darf sie sich auch so nennen. Doch dann kam was dazwischen: Nadine Steins große Leidenschaft für den Tanz.

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Sie gründete ihr eigenes Tanzstudio, das Tanzstudio Phantasie, das sich heute in Birkenau befindet. Ein Risiko damals? „Ich kam auf die Idee und hab gar nicht groß nachgedacht“, erinnert sie, die mittlerweile den Titel als Diplom-Tanzpädagogin erworben hat, sich heute. „Ich hab’s halt gemacht.“

Nadine Stein hat große Energie

Darin zeigt sich einer der zentralen Wesenszüge der Birkenauerin: Sie plant ihre Zukunft nicht gern und lässt die Dinge lieber auf sich zukommen. Wenn sie sich dann aber entschließt, ein Projekt anzugehen, tut sie das mit doppelter und dreifacher Energie und führt es mit ziemlicher Sicherheit zum Erfolg, wie ihre persönliche Entwicklung nachdrücklich unterstreicht. Im Gespräch mit uns blickt sie auf ihre Karriere, ihre Erfolge, die Auslandsaufenthalte und ihren Aufstieg auf Funktionärsebene.

Fünfter Platz für Gruppe des Tanzstudios Phantasie

Vor wenigen Tagen sind Sie vom Bundeswettbewerb „Jugend tanzt“ aus Paderborn zurückgekehrt. Die sonst so erfolgsverwöhnte Formation „Company of Fantasy“ kam diesmal nur auf Platz fünf. Waren Sie und die Mädchen sehr enttäuscht

Nadine Stein: Ich würde sagen: Jein. Wir hatten ja mit unserem „Mistake Waltz“ den Landeswettbewerb 2023 in Birkenau gewonnen. Mit Beginn des Trainings für den Bundeswettbewerb stand plötzlich alles unter dem Begriff „Mistake“. Wir hatten krankheitsbedingte Ausfälle, Ausfälle aus schulischen Gründen, dazu noch eine Autopanne. Wegen der Ausfälle mussten Tänzerinnen einspringen, die noch kaum trainiert hatten und auch noch wesentlich jünger als ihre Konkurrentinnen waren. Aber wir waren uns stets einig, dass wir das durchziehen wollten. Dass wir unter diesen Voraussetzungen noch einige Gruppen hinter uns lassen konnten, war eigentlich eher ein Erfolg.

Nadine Steins Königinnen: Die „Queens of Confusion“ waren jahrelang das Aushängeschild des Tanzstudios Phantasie. 2016 wurde die Formation auf Platz acht der United Dance Organisation geführt - ein Weltklasse-Ergebnis Foto: Philipp Reimer
Nadine Steins Königinnen: Die „Queens of Confusion“ waren jahrelang das Aushängeschild des Tanzstudios Phantasie. 2016 wurde die Formation auf Platz acht der United Dance Organisation geführt - ein Weltklasse-Ergebnis

Was wird Ihnen und Ihren Tänzerinnen an Positivem vom Bundeswettbewerb im Gedächtnis bleiben?

Stein: Da gibt es so einiges, die Wertung war ja nur ein Aspekt. Es gab zum Beispiel einen Flashmob, an dem alle Teilnehmer sehr viel Spaß hatten. Ein tolles Erlebnis war auch der Tanzabend, an dem wir den übrigen Gruppen in Ruhe zusehen konnten. Jedenfalls haben uns diese drei Tage einander nähergebracht.

2016 beteiligte sich Ihr Tanzstudio erstmalig an einem Landeswettbewerb.

Stein: Das ist richtig, nur fand dieser Landeswettbewerb damals noch unter dem Dach des baden-württembergischen Verbandes statt, weil es keinen eigenen hessischen gab. Wir mussten für unseren Auftritt auch über die Landesgrenze fahren und die „Queens of Confusion“ gewannen den Wettbewerb prompt mit einem Hip-Hop-Beitrag.

Seit Gründung im Vorstand des Landesverbands

Ein Jahr später – im Jahr 2017 – erfolgte dann tatsächlich die Gründung des Landesverbands Tanz in Hessen. Wie kam es, dass Sie gleich zum Vorstandsmitglied gewählt wurden?

Stein: Die damalige Präsidentin des Bundesverbandes Tanz, Dr. Ulla Ellermann, sprach mich an, ob ich nicht Interesse hätte, einen hessischen Landesverband mitzugründen und im Vorstand mitzuarbeiten. In Groß-Umstadt wurde der Landesverband dann tatsächlich aus der Taufe gehoben und ich wurde zur stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt.

Hatten Sie da bereits vor, auf der Funktionärsebene Karriere zu machen?

Stein: Nein, ich hatte noch nie einen Plan. Dazu bin ich viel zu offen und zu spontan. Ich nehme das, was kommt, und bin auch offen für alles, was kommt. Wenn Sie mich heute fragen würden, wo ich in fünf Jahren bin – ich könnte es Ihnen nicht sagen.

Nadine Stein (links) lebt für den Tanz. Unser Bild ist im Jahr 2019 bei der Fantasy Dance Night entstanden. Foto: Philipp Reimer
Nadine Stein (links) lebt für den Tanz. Unser Bild ist im Jahr 2019 bei der Fantasy Dance Night entstanden.

Und trotzdem haben Sie die Sprossen nach oben weiter erklommen.

Stein: Das stimmt. 2019 wurde ich zur Vorsitzenden des Landesverbands gewählt. Als im gleichen Jahr die neue Präsidentin des Bundesverbandes, Margit Keikutt, mir vorschlug, für das Präsidium auf Bundesebene zu kandidieren, bin ich erst mal vom Stuhl gefallen. Ich hab es versucht und bin zur Beisitzerin gewählt worden.

Und jetzt sind Sie auch noch künftig für die Organisation der Bundeswettbewerbe „Jugend tanzt“ verantwortlich.

Stein: Ich habe diese Aufgabe von Margit Keikutt übernommen. Es ist ihr Lebenswerk. Sie hat diese Wettbewerbe im Jahr 2003 ins Leben gerufen.

War das für Sie ein logischer Schritt?

Stein: Irgendwie schon. Ich habe ja bereits in den vergangenen Jahren mitgeholfen, die Bundeswettbewerbe zu organisieren. Ich war dabei als Juror und als Teilnehmer, außerdem bin ich auch für die Organisation des hessischen Landeswettbewerbs zuständig. Ich kenne also alle Seiten.

Von Birkenau nach Indien: Kontakte in alle Welt

Durch Ihre Tätigkeit als Tanzlehrerin haben Sie herausragende Ereignisse erleben dürfen. Nennen Sie ganz spontan drei davon.

Stein: Das waren die Reisen nach Indien, wo wir zweimal waren, meine Schiffsreise mit der AIDA und die Einladung nach Japan. Alle drei sind Erlebnisse, die ich niemals missen möchte.

Dann fangen wir doch einfach vorn an: Wie kam es zu der Reise nach Indien?

Stein: Das National Institute of Technology im südindischen Tiruchirappalli hat uns in diesem Jahr für eine Show einfliegen lassen. Wir, das ist in diesem Fall die „Light Crew“, die außer mir noch aus zwei weiteren Tänzerinnen aus Birkenau besteht. Was ganz interessant ist, die Studenten in Tiruchirappalli sind über Instagram auf uns aufmerksam geworden. Die bereits erwähnte Show war aber längst nicht alles. Darüber hinaus nahmen wir noch an weiteren Veranstaltungen teil. Wir haben natürlich auch verschiedene Tanzschulen besucht. Dort haben wir einen typischen indischen Tanz gelernt, den wir dann auch getanzt haben. Es lässt sich kaum beschreiben, wie sehr wir dort umsorgt wurden.

Gibt es konkrete Bemühungen, den Kontakt nach Indien aufrechtzuerhalten?

Stein: Ja, daraus könnte sich sogar ein Megaprojekt entwickeln. Im nächsten Jahr steht ein Gegenbesuch aus Indien an. Dabei ist geplant, dass eine Tanzgruppe aus Indien hier in Birkenau am Landeswettbewerb „Jugend tanzt“ teilnehmen wird. Es wäre schön, wenn sich daraus ein jährlicher Austausch entwickeln würde. Uns jedenfalls hat der Aufenthalt in Indien so viel gegeben.

Mit ihrer "Light Crew" tanzte Nadine Stein auch in Indien. Foto: Thomas Gierth
Mit ihrer "Light Crew" tanzte Nadine Stein auch in Indien.

Wie kam es zur Reise nach Japan?

Stein: Ich kann mich noch gut erinnern, wie es war, als ich 2017 mit der damaligen Präsidentin des Bundesverbands, Dr. Ulla Ellermann, in einem Café saß, als sie mir eröffnete: „Du, ich muss dich was fragen.“ Ich war beinahe ein bisschen erschrocken. Als sie mir dann vom deutsch-japanischen Kulturaustausch berichtete und mich fragte: „Möchtest du da mit?“, habe ich angefangen zu heulen. Das war so eine riesige Ehre für mich, dass ich vor Freude weinen musste.

Wie lief das damals – es war 2017 – ab?

Stein: Unser Bundesverband war dort im Auftrag des Bundesfamilienministeriums als deutsche Delegation im Rahmen des deutsch-japanischen Kulturaustauschs. Das Familienministerium kümmert sich um verschiedene Formen des Austauschs mit unterschiedlichen Ländern. Und 2017 war eben Japan und Tanzen dran.

Wie lange waren Sie dort und was haben Sie erlebt?

Stein: Zwei Wochen waren wir dort und nach dem Jetlag – wir sind ja 19 Stunden geflogen – habe ich, so kommt es mir vor, gar nicht mehr geschlafen. Es gab ja jeden Tag so viele Eindrücke! Studios, Akademien, Universitäten und Ministerien. Auch der deutschen Botschaft haben wir einen Besuch abgestattet. Auch hier haben wir Tanzstudios besucht und unvergessliche Abende erlebt. Wie aus Indien kamen wir auch aus Japan voller toller Eindrücke zurück. Es war schon der Hammer, Kultur und Alltag beider Länder kennenzulernen.

Tanzen auf einem Kreuzfahrtschiff

Bleibt noch der Aufenthalt auf der AIDA.

Stein: Auch das war eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Es ist ja nie leicht, mein Tanzstudio drei Monate alleinzulassen, aber dank meiner Mädels hat das prima funktioniert.

Birkenau oder Bollywood? Der Tanz hat es für Nadine Stein möglich gemacht, nach Indien zu reisen. Foto: Privat
Birkenau oder Bollywood? Der Tanz hat es für Nadine Stein möglich gemacht, nach Indien zu reisen.

Was war auf dem Schiff Ihre Aufgabe?

Stein: Das, was ich am besten kann. Ich habe als Tanzlehrerin und Tänzerin gearbeitet.

Tanzlehrerin auf einem Schiff? Funktioniert das?

Stein: Die haben alles Mögliche auf dem Schiff, also auch einen Ort, an dem man tanzen lernen kann. Die Resonanz war megagroß! Spannend war, dass ich jede Woche neue Teilnehmer hatte. Am Ende bin ich mit dem Rising Star ausgezeichnet worden, also als Mitarbeiterin des Monats, die von den Gästen gewählt wird.

Klingt das nach Erholung oder ist das harte Arbeit?

Stein: Ganz klar Letzteres. Ich hatte drei Monate lang nur 14-Stunden-Tage. Lediglich ein einziges Mal war ich für einen längeren Ausflug an Land. Trotzdem war das eine tolle Erfahrung.