Hemsbach

Streit um Versiegelung: Gemeinderat verabschiedet umstrittene Vorgartensatzung

Hemsbach hat ein Klimaschutzkonzept verabschiedet. Doch eine Vorgartensatzung, die der Versiegelung von Gärten entgegenwirken soll, sorgt für Kontroversen.

Die Stadt Hemsbach bekommt eine „Vorgartensatzung“. Damit sollen zukünftig „Schottergärten“ verhindert werden. Altfälle sind davon nicht betroffen. Die Bürger bekommen zudem Tipps für Baumpflanzungen. Foto: Philipp Reimer
Die Stadt Hemsbach bekommt eine „Vorgartensatzung“. Damit sollen zukünftig „Schottergärten“ verhindert werden. Altfälle sind davon nicht betroffen. Die Bürger bekommen zudem Tipps für Baumpflanzungen.

Verkehrte Welt: Da verabschiedet der Hemsbacher Gemeinderat das Klimaschutzkonzept und lobt das Papier über den grünen Klee, doch bei der kurze Zeit später von der Stadtverwaltung in der Sitzung vorgelegten „Vorgartensatzung“ hagelt es Kritik. Bei neun zu acht Stimmen wurde die Satzung angenommen, die zukünftig den Schottergärten und der Versiegelung Einhalt gebieten und zudem den Bürgern Hilfestellungen geben soll. Die Satzung regelt den Maximalwert hinsichtlich der Versiegelung. Letztlich wird für Stellplätze, die innerhalb der Vorgartenfläche hergestellt werden und sich über den maximalen Versiegelungsanteil von 50 Prozent erstrecken, die Pflanzung von Laubbäumen verbindlich sein. Dazu wird eine Pflanzliste erstellt, aus der die Eigentümer auswählen können.

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Frustrierte Verwaltung

„Ich bin jetzt überrascht, deprimiert und irritiert zugleich. Wir haben seit März daran gearbeitet, nachdem sich der Gemeinderat damit grundsätzlich befasst hatte. Wir waren damit auch im Umweltausschuss. Der Auftrag lautete, sich um die Versiegelung zu kümmern. Wenn Sie uns dies früher gesagt hätten, wäre dies eine Arbeitserleichterung gewesen. Wir hatten gute Absichten“, reagierte Christopher Wetzel vom Fachbereich Planung und Technik ziemlich enttäuscht auf die Kritik und blickte zu seinem Nachbarn, Bürgermeister Jürgen Kirchner. Die Nachfrage und Stellungnahme des FW-Stadtrats Wolfram Ligeika ließ noch hoffen. Bei ihm hatten sich Hemsbacher gemeldet, die Angst davor hatten, dass sie bereits bebaute Grundstücke freiräumen müssten. Wetzel schüttelte den Kopf: „Die Satzung ist in die Zukunft gerichtet. Wir werden Altfälle nicht aufgreifen, auch wenn laut Landesbauordnung Schottergärten längst verboten sind. Bei einem Änderungsbedarf stehen wir aber gerne Hilfe leistend zur Seite.“

FDP-Stadträtin Michaela Zimmer wetterte als Erste los und hinterfragte die Sinnhaftigkeit angesichts der Landesbauordnung: „Ich will kein weiteres Bürokratiemonster entwickeln. Vor allem, wer soll das denn kontrollieren? Die Stadt kann das nicht.“ GBL-Fraktionssprecher Thomas Embach sah zwar auch das Problem mit der Kontrolle, gleichwohl hielt er die Satzung für sinnvoll.

Dem widersprach die PH-Fraktionschefin Marlies Drissler: „Ich habe auch ein Problem mit der Satzung. Denn wir haben genügend Vorschriften in der Landesbauordnung, die man einfach einfordern muss.“ Zudem hielt sie die Vorgartensatzung für kontraproduktiv für die Nachverdichtung. „Was geschieht, ist doch klar. Der Stellplatz kommt jetzt einfach hinters Haus. Wir müssen daher dringend auch die hinteren Gärten aufnehmen“, meinte Drissler. Dies störe das Kleinklima erheblich, sagte sie und lehnte ab. Auch SPD-Stadträtin Antje Löffel hatte Bedenken gegen die Satzung, die ordnungsrechtliche Maßnahmen vorsieht. CDU-Stadtrat Martin Schild fand die Satzung gut, schließlich solle etwas fürs Klima und fürs Stadtbild getan werden. Auf der einen Seite soll der Versiegelung entgegengewirkt werden, auf der anderen Seite sollen die Autos von der Straße runter. Die CDU könne daher mit dem Kompromissvorschlag leben. GBL-Stadträtin Natalie Molitor verstand die Aufregung auch nicht. Der Auftrag kam vom Umweltausschuss und sei eindeutig gewesen. Dass jetzt die Gärten hinterm Haus zugepflastert werden sollen, könne sie nicht nachvollziehen. Das stehe so doch gar nicht in der Satzung drin. FW-Stadtrat Ligeika wunderte sich ebenfalls über die Aussage Drisslers, wonach jetzt hinter dem Haus die Stellplätze entstehen würden. „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Zudem ist es zumeist gar nicht realisierbar. Sie kommen hinten oftmals gar nicht rein.“ Auch CDU-Stadtrat Manuel Fink mahnte dazu, „die Kirche im Dorf zu lassen“. „Wenn wir die Satzung nicht erlassen, sieht es so aus wie bisher. Es ändert sich nichts. Schauen Sie sich doch mal den Seeweg an. Das erinnert mit seinen Wänden an einen Knast. Hätten wir die Satzung früher gehabt, wäre dies nicht so“, betonte Fink. Am Ende stimmten die Fraktionen „querbeet“ mehrheitlich dafür – und Bürgermeister und Fachbereichsleiter fiel ein Stein vom Herzen.