Debatte im Landtag

Landtagsparlamentarier streiten über Wolfspolitik

Vertreter mehrerer hessischer Landtagsfraktionen wünschen sich Erleichterungen bei der Wolfsjagd. Ministerin Hinz lehnt das ab und verweist darauf, dass problematische Tiere schon jetzt geschossen werden dürften. Die Linke warnt vor einer «Mär von dem bösen Wolf».

Die hessische Landesfahne weht auf dem Dach des hessischen Landtages vor dem Sommerhimmel. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa/Archivbild
Die hessische Landesfahne weht auf dem Dach des hessischen Landtages vor dem Sommerhimmel.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Das Thema Wolf ist weniger als drei Monate vor der Landtagswahl endgültig im hessischen Wahlkampf angekommen. Die FDP-Fraktion bekräftigte am Donnerstag im Landtag in Wiesbaden ihre Forderung, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Zudem sollte es eine eigene Wolfsverordnung geben, erklärt die jagdpolitische Sprecherin Wiebke Knell. «Dann können Problemwölfe, wenn man sie endlich als solche anerkennt, rechtssicher geschossen werden.»

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Die Landesregierung lasse die Landbevölkerung und Weidetierhalter weiterhin im Stich, kritisierte Knell und warf der CDU einen «Schlingerkurs» vor. Die Christdemokraten hätten seit Jahren in der schwarz-grünen Regierungskoalition die romantisierende Wolfsschutzpolitik der Grünen mitgetragen, um nun im Wahlkampf das Thema für sich zu entdecken.

In Hessen ist am 8. Oktober Landtagswahl. Im Juni hatte Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Boris Rhein erklärt, dass die Hessen-CDU die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht in ihr Wahlprogramm geschrieben habe. Die FDP-Abgeordnete Knell verwies darauf, dass der Wolf in Sachsen und Niedersachsen dem Jagdrecht unterliege und auch Schleswig-Holstein eine Aufnahme plane.

Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) entgegnete, die Forderung der FDP führe in die Irre. Es nütze nichts, den Wolf ins hessische Jagdrecht aufzunehmen, erläuterte die Ministerin. Auch dann müsse jeder mögliche Abschuss zuvor nach dem Bundesnaturschutzrecht überprüft werden. Hessen sei darauf vorbereitet, Wölfe zu schießen, wenn sie trotz eines guten Grundschutzes mehrfach Herden angreifen sollten. Wenn sich ein Wolf einem Menschen auffällig nähern sollte, werde er sofort geschossen. Panikmache nütze nichts, betonte Hinz.

Sie verstehe sehr gut, dass sich Menschen Sorgen über ein Zusammenleben mit dem Wolf machten, betonte die Ministerin. Es gebe aber auch Menschen, die verantwortungslos handelten und versuchten, aus dem Thema politisches Potenzial zu schlagen. Die Liberalen befürchteten womöglich, ohne ein solches konfliktreiches Thema den Wiedereinzug in den Landtag zu verpassen, sagte die Umweltministerin mit Blick auf die Landtagswahl.

Über kein anderes Tier wisse man in Hessen so gut Bescheid wie über den Wolf. Derzeit gibt es nach den Worten von Hinz sechs Territorien, davon seien drei mit einem Rudel besetzt und drei mit Einzeltieren. Im laufenden Jahr habe das Wolfszentrum mehr als 20 bestätigte Wolfsrisse registriert, dabei seien rund 60 Nutztiere zu Tode gekommen und mehrere verletzt worden. Leider seien etliche Weiden nicht durch guten Grundschutz gesichert gewesen, sagte Hinz.

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz von der Linksfraktion sagte, der Wolf stelle für den Menschen keine Bedrohung dar. Bei einem Waldspaziergang seien Zecken wegen möglicher Infektionen nach einem Zeckenstich die größere Bedrohung. «Die Mär von dem bösen Wolf gehört nicht ins Jahr 2023», sagte Scheuch-Paschkewitz. «Wir müssen langfristig einen guten Schutz der Weidetiere und eine Aufklärung verunsicherter Menschen etablieren.» Eine Freigabe von Abschüssen, wie sich die FDP das wünsche, werde langfristig nicht vor Rissen schützen.

Der CDU-Abgeordnete Michael Ruhl erklärte, der Wolfsbestand habe in den vergangenen Jahren zugenommen - auch in Hessen. Und mit der wachsenden Wolfspopulation nähmen auch die Probleme zu. Die CDU wolle eine aktive Bestandsregulierung. «Wir wollen lieber jetzt bejagen, als später bereuen», sagte Ruhl und verwies darauf, dass Hessen dies nicht alleine regeln könne. Dafür müsse der hohe Schutzstatus des Wolfes zurückgestuft werden. Die Voraussetzungen für diesen Schritt seien erfüllt.

Vanessa Gronemann von der Grünen-Fraktion erklärte, verhaltensauffällige Wölfe dürften bereits nach bisheriger Rechtslage in Hessen geschossen werden. Für diese Maßnahme seien bislang jedoch in keinem Fall die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen.

Der AfD-Vertreter Gerhard Schenk sagte, der Wolf gehöre nicht ins hessische Jagdrecht sondern ins Bundesjagdrecht. Seine Partei fordere dies seit Jahren. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gernot Grumbach, mahnte eine Versachlichung der Wolfsdebatte an. Tierhalterinnen und Tierhalter dürften vom Land nicht alleine gelassen, Herdenschutz und die Schäden durch Risse müssten vollständig finanziert werden, sagte er.