Birkenau

Birkenau bekommt Sonnenuhrenhoheit

Die Bewerbungsfrist beginnt am 10. Februar. Am 23. Juni, dem ersten Sonntag nach der Sommersonnenwende, wird das Ergebnis bekannt gegeben.

Birkenau im „royalen Kosmos“: Erstmals in der Geschichte wird in Birkenau eine Sonnenuhrenhoheit gekrönt. Foto: Gemeinde Birkenau
Birkenau im „royalen Kosmos“: Erstmals in der Geschichte wird in Birkenau eine Sonnenuhrenhoheit gekrönt.

In Birkenau tut sich was, es tut sich sogar Bedeutendes: Mit der Wahl der ersten Sonnenuhrenhoheit am 23. Juni soll nichts weniger als eine neue Tradition in der Weschnitztalgemeinde begründet werden. Bewerben können sich alle Personen zwischen 18 und 35 Jahren, die in Birkenau wohnen und mit ihrer Heimatregion in besonderer Weise verbunden sind. Die Bewerbungsfrist beginnt mit dieser Veröffentlichung und endet am 31. März.

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Aber jetzt erst mal der Reihe nach. Eine Sonnenuhrenhoheit? Wer kommt denn auf so eine Idee? „Die Idee hatte der frühere Landrat Matthias Wilkes“, erklärt Bürgermeister Milan Mapplassary bei einem Pressegespräch im Sitzungssaal des Birkenauer Rathauses. „In einem Nebensatz hatte er davon gesprochen, wir als Dorf der Sonnenuhren könnten doch eine Sonnenuhrenhoheit etablieren.“ Nebensatz hin oder her: Wilkes war mit seiner Bemerkung nicht auf taube Ohren gestoßen und schon bald reifte die Überlegung, die Idee des Landrats a. D. in die Tat umzusetzen.

Dringendere Themen

Aber zunächst gab es dringendere Themen, die in Birkenau auf der Agenda standen, denn das Gespräch zwischen Mapplassary und Wilkes war im Jahr 2021 geführt worden. 2021: Im März war Milan Mapplassary zum Bürgermeister gewählt worden, bei der Kommunalwahl am gleichen Tag hatten die Wähler der Großgemeinde über die Besetzung der Gemeindevertretung und der Ortsbeiräte abgestimmt. Der neue Bürgermeister, der seinen Dienst im Mai antrat, musste sich erst einmal gründlich in sein neues Amt einarbeiten und ganz nebenbei noch einen neuen Haushaltsentwurf erarbeiten.

Die Kommunalpolitiker waren unterdessen mit einer großen Zahl von konstituierenden Sitzungen beschäftigt und auch die erfreulich vielen neuen Gesichter in den Gremien brauchten Zeit, um sich im neuen Umfeld zurechtzufinden. Langer Rede kurzer Sinn: Die Vorbereitungen für die erste Wahl einer Sonnenuhrenhoheit, die im Jahr 2022 durchgeführt werden sollen, konnten 2021 schlicht nicht bewältigt werden.

Also nahmen die Verantwortlichen das Jahr 2023 ins Visier. Weil man von einem Jahr Vorlaufzeit ausging, sollte die Hauptarbeit 2022 erledigt werden. Dann ließ Putin seine Truppen in das Nachbarland Ukraine einmarschieren. Ein Tiefschlag für das demokratische Europa mit Folgen, die weit über die Ukraine hinausreichten. Flüchtlinge kamen, die Inflation erreichte auch in Deutschland dramatische Ausmaße, zeitweise wusste auch hierzulande niemand, ob die Energiereserven für den Winter 2022/23 ausreichend sein würden. „In diesem Spannungsfeld hätte es einfach nicht gepasst, die Wahl einer Hoheit vorzubereiten.

Mitglieder des Hoheitsrats: Monika Lübker (Sonnenuhrenverein), Sandra Rausch (Verwaltung), Bürgermeister Milan Mapplassary, Gemeindevertretervorsitzender Stefan Roewer und Walter Große (von links). Auf dem Bild fehlen: Der Erste Beigeordnete Wolfgang Grün und Birgit Günthel vom Gewerbeverein. Foto: Thomas Rittelmann
Mitglieder des Hoheitsrats: Monika Lübker (Sonnenuhrenverein), Sandra Rausch (Verwaltung), Bürgermeister Milan Mapplassary, Gemeindevertretervorsitzender Stefan Roewer und Walter Große (von links). Auf dem Bild fehlen: Der Erste Beigeordnete Wolfgang Grün und Birgit Günthel vom Gewerbeverein.

„Hoheitsrat“ gebildet

Auch wenn 2023 – wie jeder weiß – kein leichtes Jahr war, war man in Birkenau entschlossen, die Wahl einer Sonnenuhrenhoheit 2024 endlich durchzuführen. Von Anfang an war klar, dass diese Premierenveranstaltung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu betrachten sei. So bildete sich ein „Hoheitsrat“, dem Repräsentanten aus Verwaltung, Politik und Vereinen angehören. Die Verwaltung ist vertreten durch den Bürgermeister und seine Kollegin Sandra Rausch, die einfach ein Händchen für die Organisation von Veranstaltungen hat.

Die Aktion Stadtradeln ist dafür nur ein Beispiel. Der höchste Repräsentant Birkenaus, der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Stefan Roewer, und der Erste Beigeordnete und Bürgermeisterstellvertreter Wolfgang Grün vertreten die Politik. In ihrer Funktion als Vorsitzende des Sonnenuhrenvereins ist es eigentlich selbstverständlich, dass Monika Lübker dem Hoheitsrat angehört.

Klar, dass auch der Kulturverein, der jedes Jahr auf Neue ein unglaubliches Programm auf die Beine stellt, ebenfalls vertreten ist: Diese Aufgabe hat Walter Große, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des Kulturvereins, übernommen. Komplettiert wird das Gremium aus sieben Mitgliedern von Birgit Günthel, die den Gewerbeverein repräsentiert. Apropos Gewerbe: „Eine Gruppe von Gewerbetreibenden hat sich bereit erklärt, das Projekt zu finanzieren, sodass der Gemeindehaus nicht belastet wird. Auch dies ist ein großzügiger Ausdruck eines gemeinschaftlichen Engagements“, sagt Mapplassary.

Weltweit einzigartig

Dass die Wahl einer Sonnenuhrenhoheit für Birkenau und sein Ansehen nur von Vorteil sein kann, davon sind die sieben Mitglieder des Hoheitsrats überzeugt. Gemeindevertretervorsitzender Stefan Roewer betont beispielsweise die weltweite Einzigartigkeit des Ehrentitels, der jeweils für ein Jahr vergeben wird: „Das ist ein zusätzliches Aushängeschild für Birkenau.“ Diese positive Außenwirkung sieht der Bürgermeister, der aber auch die Einwohner der Gemeinde selbst in den Fokus rücken möchte. „Schon jetzt können die Birkenauer stolz auf ihre Heimat sein“, sagt Mapplassary. Was macht das Leben in der Weschnitztalgemeinde so besonders?

Während der Coronazeit, als keine Urlaubsreisen unternommen werden konnten, hätten viele Einwohner die Schönheit der eigenen Gemeinde wahrgenommen oder neu wiederentdeckt. „Als staatlich anerkannter Erholungsort bieten wir hier viele Möglichkeiten der Naherholung“, sagt der Rathauschef, der auf die landschaftliche Schönheit von Birkenau und dessen zentrale Lage mit der Nähe zur Metropolregion Rhein-Neckar verweist. Und nebenbei: „Wir halten ja auch den Weltrekord mit der größten Dichte von Sonnenuhren.“

Unabhängig vom Geschlecht

Heißt die Hoheit nach der Wahl Sonnenuhrenprinzessin oder Sonnenuhrenprinz? „Nein, es bleibt bei Hoheit“, erklärt Verwaltungsmitarbeiterin Sandra Rausch. Damit soll unter anderem zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Bewerbung unabhängig vom Geschlecht eingereicht werden kann. Monika Lübker, die durch zahlreiche Auftritte im Hessischen Fernsehen den Birkenauer Sonnenuhrenverein im ganzen Land bekannt gemacht hat, sagt, die Bewerber sollen ein gewisses Interesse an den lautlosen Zeitmessern haben. Die Sonnenuhrenhoheit repräsentiere schließlich auch den Verein, der im Übrigen in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen feiert. Das Basiswissen könne der angehenden Sonnenuhrenhoheit aber auch in einem Kurs vermittelt werden.

Der Ruf nach draußen

Walter Große erklärt, für den Kulturverein sei es selbstverständlich gewesen, das Projekt zu unterstützen. Die Sonnenuhrenhoheit werde den Ruf und den Namen der Gemeinde nach draußen tragen. „Das kann dem Ort nur gut tun“, ist Große sicher.

Die Sonnenuhrenhoheit sollte für ihre einjährige Amtszeit eine gewisse Flexibilität mitbringen. „Wir wollen der Hoheit maximal 30 Termine zumuten“, erläutert Sandra Rausch. Die Hoheit könne über die Webseite der Gemeinde auch von außerhalb gebucht werden. Pflichttermine sollen unter anderem der Neujahrsempfang, die Sportlerehrung, der Ehrungsabend der Gemeinde, die Eröffnung der Kerwe oder auch die Ankunft von Gästen aus der Partnergemeinde La Rochefoucauld sein. Man darf aber sicher sein, dass die Sonnenuhrenhoheit auch bei großen Festen in der Region ein gern gesehener Gast sein wird. „Wir werden sehen, wie der royale Kosmos aussehen wird“, sagt Bürgermeister Mapplassary mit einem Lächeln.

Nach Ende der Bewerbungsfrist wird sich der Hoheitsrat die Kandidaten genauer ansehen und längere Gespräche mit ihnen führen und danach eine Wahl treffen. Im Rahmen eines großen Fests in oder an der Hornbacher Mehrzweckhalle am 23. Juni wird bekannt gegeben, wer die erste Sonnenuhrenhoheit in der Geschichte Birkenaus ist. Das Datum für das Fest wurde mit Bedacht gewählt, wie Monika Lübker erläutert: „Der 23. Juni ist der erste Sonntag nach der Sommersonnenwende.“

Ach so, noch was: Steht eigentlich schon fest, welches Gewand die künftige Hoheit bei ihren Auftritten tragen wird? „Ja“, bestätigt Verwaltungsmitarbeiterin Rausch, aber: „Das ist vorerst noch geheim.“