Frauenfast

Die Weiwer in Fürth bauen ein närrisches Haus für alle

Rund um das Leben in einem Mehrgenerationenhaus inszenieren die Fastnachterinnen in Fürth an drei Abenden eine bunte Show mit vielen Facetten. Das Publikum ist begeistert

Schwungvoll choreografierte Tanznummern mit aufwendigen Kostümen sind ein fester Bestandteil der Frauenfastnacht in Fürth. Diese Gruppe stellte die diversen Evolutionsstufen des Tanzes nach. Foto: Marco Schilling
Schwungvoll choreografierte Tanznummern mit aufwendigen Kostümen sind ein fester Bestandteil der Frauenfastnacht in Fürth. Diese Gruppe stellte die diversen Evolutionsstufen des Tanzes nach.

Das ist wahrlich ein „ehrenwertes Haus“: Von nervenden Nachbarn über strenge Regelwächter und taktvolle Kaffeekränzchen bis hin zu Gespenstern tummelt sich alles, was eine (närrische) Wohngemeinschaft ausmacht, in diesem ganz speziellen Mehrgenerationenhaus. Dieses haben die Fastnachterinnen des katholischen Frauenbundes Fürth in diesem Jahr zum Mittelpunkt der „Feerder Weiwerfasnoachd“ erkoren.

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Bei drei Prunksitzungen sind dort feierlaunige Frauen aus dem ganzen Umkreis eingezogen. Dreimal ist die große TV-Halle restlos ausverkauft, die Frauenfastnacht in Fürth hat Fans in der ganzen Region. Warum? Das ist nach rund dreieinhalb Stunden Programm wieder einmal offenkundig. Das (fast) ausschließlich weibliche Publikum erlebt eine moderne Fastnachtsshow ohne Längen, mit großartigen Tanz- und Gesangsnummern, skurrilen Sketchen und kreativen Wortbeiträgen, die von tiefgründigem Humor bis hin zu Slapstick und Klamauk ein breites Spektrum abdecken.

Nur eine Wohnung ist noch frei

Und das alles unter dem Dach der „Freien autonomen Kommune ,Jedermanns Unterkunft‘“, wie sich das Wohnprojekt nennt. Dass dabei die Abkürzung „Fak Ju“ herauskommt – geschenkt! Schließlich ist der Ansatz nachhaltig und die Wächter über die Hausordnung haben bereits Energie gespart, als es noch kein Klima gegeben hat. Und auch wenn die eigenen Wurstfinger der veganen Lebensweise im Weg stehen, wird wenigstens penibel auf das Abfallmanagement geachtet: „In jeder Wohnung ein Drecksack!“

Gerade ist das Mehrgenerationenhaus unter musikalischer Begleitung der Walburgiskapelle von der Ministerin höchstpersönlich eingeweiht worden. Wobei den anwesenden „Damen und Dämlichkeiten“ kaum auffällt, dass der politische Gast seine Rede vertauscht hat. „Junge Gaase und alte Böcke“, wie im Erlenbacher Bergtierpark, gibt es schließlich auch unter dem Mehrgenerationendach.

Foto: Marco Schilling
Foto: Marco Schilling
Foto: Marco Schilling
Foto: Marco Schilling
Foto: Marco Schilling
Foto: Marco Schilling
Foto: Marco Schilling

Noch ist eine der Wohnungen zu vermieten, was über den ganzen Abend hinweg für Unterhaltung sorgt. Denn die unbeirrten Versuche von „Gerda und Schorsch aus Lidzelboch“ (oder doch aus Rimbach?), diese Bleibe zu ergattern, halten die Maklerin Karo Kleinkariert auf Trab. Ob sie nun als amerikanische Auswanderer verkleidet „Budder bei sä Fisches“ geben oder als schwäbische Hausfrauen „e Spätzle machen“: die clevere und sprachgewandte Vermieterin können sie nicht täuschen.

Was sie ohne eine Wohnung in dieser Kommune verpassen, wird nach und nach klar: Nicht nur die Gelegenheit zum entspannten Homeoffice auf der Couch, das durch das plötzliche Auftauchen der Schwiegermutter jäh unterbrochen wird und bei dem auch mal ein Klodeckel als Tablet-Halterung herhalten muss.

Auch musikalisch ist das Mehrgenerationenhaus ein wahres Füllhorn. Traditionell werden die Liedbeiträge bei den Fürther Frauen live gesungen, wobei – ohne andere Beiträge schmälern zu wollen – vor allem Sabrina Keller herausragt. Die Sängerin ist erstmals bei der Feerder Weiwerfasnoachd dabei – und unbestritten eine Bereicherung.

Überhaupt sind einige neue und junge Gesichter auf der Bühne zu sehen – ein Indiz dafür, dass es der traditionsreichsten Frauenfastnacht ihrer Art in der Region nicht an Nachwuchs mangelt. Um solchen muss sich wohl eher die Branche der Vertreter Sorgen machen. Denn beim Klinkenputzen im großen Haus stellt sich der Azubi wenig geschickt an. Das „fruchtige Aussehen“ der potenziellen Kundin an deren Orangenhaut festzumachen, ist kaum verkaufsfördernd.

Noch intimere Details über die Fak-Ju-Bewohner gibt es bei der recht offenen Unterhaltung über zwei Wohnungsfenster hinweg zu erfahren. Beispielsweise vom doppelten Pech eines Mannes mit seinen Ehefrauen: „Die erschd issme devugerennd, die zweid nedd!“ Aber er kann sich trösten: Vom klassischen Kampf der Geschlechter bleiben auch die Gespenster nicht verschont, die seit 600 Jahren durchs Haus geistern – was „todlangweilig“ ist. Für die Spukgestalten vielleicht, fürs Publikum mitnichten. Es erfährt, dass auch Skelette auf ihre Figur achten müssen: „Ich wollte fünf Kilo abnehmen, jetzt fehlen noch acht!“

Skeptische Ministerin

Aber auch wer noch keine Jahrhunderte auf dem Buckel hat, kann mit der modernen Technik seine Probleme haben. Wenn Oma und Opa über das „Ebbel-Tablett“ mit der Enkelin in China reden wollen, dann macht ihnen das durchaus Schwierigkeiten. Zumal wenn sie bereits im Kopfstand sind, als sie erfahren, dass sie einfach nur das „Abbarädel“ umdrehen müssen. Die Video-Einspieler mit der Enkelin sind übrigens tatsächlich in China aufgenommen. „Weiwerfasnoachd on tour“ sozusagen.

Nach all den unterhaltsamen Erfahrungen im Mehrfamilienhaus, hat die Ministerin mit ihrem Geständnis, persönlich eher ein Ein-Personen-Haus zu favorisieren , erst einmal einen schweren Stand. Das ändert sich freilich schnell, als sie ihre Erfahrungen aus dem eigenen Zwei-Generationen-Haushalt, mit Mann und zwei Kindern, teilt. Wenn sie von auf wundersame Weise unsichtbar werdenden Wäschekörben, leeren Verpackungen im Kühlschrank und Chipsresten auf dem Sofa erzählt, dann zeigen die Reaktionen im Saal, dass sie damit nicht alleine steht. Die „Pubertiere“ haben offenkundig überall die gleichen Macken, fühlen sich durch ein einfaches „Hallo“ beim Betreten des Raumes bereits in ihrer Privatsphäre beeinträchtigt und hinterlassen der Menschheit von einmal „Skincare“ im Bad mehr Bilder, als es sie von der Mondlandung gibt.

Trotz alldem: Die „Närrinnen“ bei der Feerder Weiwerfasnoachd wollen – zumindest – an diesem Abend nirgendwo anders wohnen als im Mehrgenerationenhaus in der TV-Halle. Und so geht die Stimmung beim großen Finale ein weiteres Mal so richtig nach oben. Schließlich haben sich auch Gerda und Schorsch am Ende erfolgreich die letzte freie Wohnung „erschlichen“ – als ob es noch einen weiteren Grund für die ausgelassene Einweihungsparty mit Musik und Tanz gebraucht hätte.