Inklusion

"Inklusion soll keine Ausnahme, sondern normal sein"

Familie Mayer aus Birkenau erzählt anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tags am 21. März von ihrem Alltag. Der Aktionstag soll zur Sensibilisierung beitragen.

Voll integriert und mitten im Leben: Der sechsjährige Levin aus Birkenau fährt Leidenschaft gerne Roller. Foto: privat
Voll integriert und mitten im Leben: Der sechsjährige Levin aus Birkenau fährt Leidenschaft gerne Roller.

Der 21. März ist der Welt-Down-Syndrom-Tag. An diesem Tag möchten Menschen mit Trisomie 21 und ihr Umfeld für das Down-Syndrom sensibilisieren. Dieser Themenkomplex ist auch eine der Kernaufgaben des Birkenauer Vereins Wir DABEI!, der über die Ortsgrenzen hinaus wirkt. Er hat sich zum Ziel gesetzt, Berührungsängste abzubauen und eine Brücke zwischen Menschen mit und ohne Behinderung zu bilden – „damit die Zukunft inklusiv wird“, betont der Verein in einer Mitteilung. Wir DABEI! setzt sich seit 15 Jahren für Menschen mit Behinderung ein und unterstützt Familien – auch die Familie Mayer aus Birkenau, die in einem Erfahrungsbericht anlässlich des 21. März über den Alltag mit ihrem sechsjährigen Sohn Levin, der das Down-Syndrom hat, erzählt.

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„Hilfreicher Erstkontakt“

Bei Levins Geburt wohnte Simone Mayer in Birkenau und hörte bald vom Verein Wir DABEI!. „Es war vorteilhaft, in einer kleinen Gemeinde zu leben, denn Beratungsteam-Mitglied Britta Hoffmann kontaktierte mich, und so erhielt ich den sehr hilfreichen Erstkontakt zu ihrer Familie, die mit Maja ebenfalls ein Kind mit Trisomie 21 hat“, schreibt Mayer in ihrem Erfahrungsbericht. Mittlerweile ist sie selbst Vorstandsmitglied und bringt sich aktiv in den Verein ein.

Seit Sommer 2018 besucht Levin den Regelkindergarten „Zum guten Hirten“ in Birkenau als eines von mehreren Inklusionskindern. Levin sei voll integriert und habe Freunde mit und ohne Einschränkung, erzählt seine Mutter. Levin fährt begeistert Roller, spielt mit Playmobil und ist ein Fan von „Peppa Wutz“. Mehrere schwere Herzoperationen in den ersten Lebensmonaten seien zwar nicht vergessen, aber beeinträchtigen den Sechsjährigen glücklicherweise nicht. Er sei kognitiv kaum eingeschränkt und könne sich häufig verständlich mitteilen. Er sage etwa „Spaß gemacht Wald“ und verdrehe durchaus noch Silben, könne aber andererseits schwierige Wörter wie „Maultaschensuppe“ klar und deutlich aussprechen, fährt seine Mutter weiter fort.

Ab Herbst besucht Levin eine Regelgrundschule in der Variante Gruppeninklusion. Seine Mutter habe ein gutes Gefühl bei der Schule, kenne aber über den Verein auch Einrichtungen, in denen Inklusion nicht gut gelungen sei: „Auch Schulen und die Lehrkräfte müssen hinter der Inklusion stehen; es soll ‚kein Übel‘ sein, das man wegen der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention machen muss“, unterstreicht Mayer.

„Den Kindern etwas zutrauen“

Levin dürfe alles ausprobieren. „Jeder scheitert auch mal und niemand kann alles, das trifft sowohl auf Menschen mit und ohne Behinderung zu. Wir lernten doch auch nicht sofort Laufen, Roller- oder Radfahren ohne blaue Flecken“, sagt Mayer. „Viele Eltern und das Umfeld eines Kindes mit Einschränkung packen es in Watte ein“, was ihrer Ansicht nach aber der falsche Ansatz sei. „Man soll den Kindern etwas zutrauen, anstatt es ihnen von vorneherein zu versagen, und wenn etwas nicht gleich klappt, dann eben nochmals üben“, so Mayer. Das Loslassen müsse man auch zulassen, was vielen Eltern eines Kindes mit Einschränkung schwerfalle.

Denkt Mayer an den heutigen Welt-Down-Syndrom-Tag, dann hat sie eine Botschaft: „Inklusion soll keine Ausnahme, sondern normal sein.“ Es sei an der Zeit, Menschen mit Trisomie 21 nicht abzusondern und in die Ecke zu stellen, sondern man müsse ihnen auch etwas zutrauen. Manchmal seien es auch Eltern und Bezugspersonen, die ihre Kinder an der Entwicklung „behindern“, wenn mehr auf die Diagnose geschaut werde als auf das Individuum; denn jedes Kind mit oder ohne Down-Syndrom sei schließlich individuell. „Man soll immer die beste Entscheidung im Interesse des Kindes fällen und nicht unbedingt für sich“, sagt die 47-Jährige. Sie verweist dabei auf das Motto des diesjährigen Welt-Down-Syndrom-Tags: „Mit uns, nicht für uns“. Sie wünsche sich für die Zukunft, dass „mehr Menschen mit Einschränkung eine Perspektive im ersten Arbeitsmarkt erhalten“.