Weinheim

40 Jahre "Beim Alex" in der Weststadt, 25 Jahre deutsch-griechischer Freundeskreis

Vor 25 Jahren gründeten Alexandros Efremidis und seine Frau Stella Kirgiane-Efremidou Philia, den deutsch-griechischen Freundeskreis. Ein besonderes Paar im Porträt.

Vassili Efremidis mit seinen Eltern Stella Kirgiane-Efremidou und Alexandros Efremidis (von links) im Familien-Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt. Foto: Thomas Rittelmann
Vassili Efremidis mit seinen Eltern Stella Kirgiane-Efremidou und Alexandros Efremidis (von links) im Familien-Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt.

"Alex, du musst das schon richtig erzählen", sagt Stella Kirgiane-Efremidou und lehnt sich an dem runden Tisch gleich neben der Theke etwas vor. Also gut, erzählt eben Stella und Alexandros Efremidis nascht derweil ein Plätzchen. "Die hat uns eine Stammkundin geschenkt", lacht der 68-Jährige. Seit 40 Jahren betreiben er und seine Frau Stella das griechische Restaurant im Rolf-Engelbrecht-Haus an der Breslauer Straße. Doch so nüchtern, wie dieser Satz klingt, ist es nun wirklich nicht. Denn die Geschichte von "Beim Alex" ist eine, in der wahnsinnig viel Liebe mitschwingt.

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Das war auch am Wochenende spürbar, als mit 300 Gästen und in allerbester Stimmung das 40-Jährige gefeiert wurde. Die Kabarettgruppe "Lokalrunde" gab ein kleines Gastspiel - Gäste und Gastgeber waren sich einig: Es war ein wunderbarer Abend mit viel Dankbarkeit für vier Jahrzehnte Freundschaft und Verbundenheit. Doch inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt an der Breslauer Straße. Während Sohn Vassili Getränke vorbereitet, kommen die ersten Gäste zum Mittagstisch, viele sind Stammgäste, werden mit Namen begrüßt. "Beim Alex" ist das Wohnzimmer der Weststadt. Hier treffen sich Vereine - von der Siedlergemeinschaft, über den Akkordeonclub, die Naturfreunde, den Theaterverein Holzwurm bis zum Mandolinenorchester. Hier werden Taufen und Geburtstage gefeiert, Heiratsanträge gemacht, hier wird nach einer Beerdigung ein Ouzo auf den Verstorbenen getrunken.

Griechische Figuren und Malereien zieren den Gastraum des Restaurants "Beim Alex". Foto: Thomas Rittelmann
Griechische Figuren und Malereien zieren den Gastraum des Restaurants "Beim Alex".

"Wären wir geldgierig gewesen, dann wären wir nicht hiergeblieben. Für uns steht das persönliche Verhältnis zu unseren Gästen im Vordergrund", sagt Alex. Freunde, Familie, Stammgäste, Gäste - da sind die Grenzen fließend. Aber wie hat das denn eigentlich alles angefangen vor 40 Jahren? Das Schicksal, und davon kann man wirklich sprechen, nimmt 1981 seinen Lauf, als der 26-jährige Grieche Alexandros Efremidis ins graue Stuttgart kommt. Zuvor hat er in Thessaloniki Betriebs- und Volkswirtschaft studiert und als Profi-Fußballer in der 1. Liga für Kavala gekickt. In Deutschland will er nun promovieren. "Mein Onkel hat zu dieser Zeit in Deutschland nach einem Lokal gesucht, das er übernehmen kann", erinnert sich Alex. "Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn bei diesem Plan finanziell unterstütze."

Wie Alex nach Weinheim kam

Auf ihrer Suche nach einer Gaststätte landen Alex und sein Onkel 1983 in Weinheim. In einem Lokal an der Breslauer Straße, das ein griechisches Ehepaar betreibt - mithilfe seiner Tochter Stella. Doch die Familie will zurück nach Griechenland. Stella hat schon eine Stelle als Volontärin bei einer griechischen Zeitung in der Tasche. "Doch der Pachtvertrag lief noch und meine Eltern haben deshalb einen Nachfolger gesucht." So lernen sich Stella und Alex kennen. "Ich hatte mich damals schon in Stella verguckt und hatte mir vorgenommen, sie so lange zu umwerben, bis sie mich heiratet", sagt Alex augenzwinkernd und lächelt seine Frau an. Ein bisschen Zeit in Weinheim bleibt den beiden jungen Leuten noch. Stella hilft Alex und seinem Onkel bei Behördengängen, sie macht den Führerschein - und feiert ihren 18. Geburtstag bei der Bäckerei Fischer. Alex ist auch eingeladen.

Inmitten ihrer Gäste fühlt sich Wirtin Stella Kirgiane-Efremidou sichtlich wohl. Foto: Sascha Lotz
Inmitten ihrer Gäste fühlt sich Wirtin Stella Kirgiane-Efremidou sichtlich wohl.

Obwohl es zwischen den beiden gefunkt hat, geht Stella nach Epanomi, einem Ort südlich von Thessaloniki, und beginnt ihr Volontariat. In den Sommern kommt Alex zu Besuch. Das Gastronomie-Projekt in der Weinheimer Weststadt, das er mit seinem Onkel begonnen hat, muss Alex schon nach einem Jahr alleine schultern. Der Onkel hat andere Pläne, doch Alex bleibt. "Dann kam Stella zurück." 1985 war das und das junge Paar hat ganz klare Pläne: "Wir wollten unseren Vertrag, der bis 1990 ging, noch erfüllen und dann für immer nach Griechenland gehen. Das war die Ansage", sagt Alex. "Das war die klarste Ansage überhaupt", schiebt Stella nach.

Die Griechenland-Pläne liegen auf Eis

Zum Glück für die Weststadt geht das Leben aber seine eigenen Wege. 1987 kommt Vassili zur Welt, 1989 Eleni und 1994 Lazarus. Die Griechenland-Pläne werden auf Eis gelegt. "Ich bin als Kind sehr oft umgezogen. Das wollte ich meinen Kindern ersparen, ich wollte, dass sie Wurzeln schlagen können. Außerdem ist die Bindung zu unseren Gästen immer stärker geworden", sagt Stella. "Es waren 40 anstrengende Jahre, aber wir haben viele Freunde gefunden", sagt Alex über die zurückliegenden Jahrzehnte. Und sie haben Polit-Prominenz begrüßt: unter anderem Wolfgang Schäuble und Hans-Jochen Vogel, der das Ehepaar sogar auf Altgriechisch begrüßte.

Stella und Alex sind neben der fordernden Arbeit als Gastronomen auch gesellschaftlich und politisch engagiert. Gemeinsam erreichen sie viel für die Weststadt und das Zusammengehörigkeitsgefühl des Stadtteils: Sie gründen den Verein Pro West, Philia - den griechisch-deutschen Freundeskreis, ab 1989 organisieren sie im Lokal alljährlich ein Benefizessen für behinderte Kinder. Zum 35. Mal hat es in diesem Jahr stattgefunden und über die Jahre kamen so bereits mehr als 200.000 Euro zusammen, berichten die beiden. Stella Kirgiane-Efremidou ist aktives SPD-Mitglied, Stadträtin und Chefin ihrer Fraktion im Gemeinderat. 2018 kandidiert sie sogar als Oberbürgermeisterin. Und Großeltern - das sind Alex und Stella auch schon. Die Enkel Leonidas (3), Olympia (2) und Athena (1) halten die beiden zusätzlich auf Trab.

Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Foto: Privat
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Foto: Privat
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
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Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Foto: Privat
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Foto: Privat
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.
Ein Blick ins Fotoalbum von Alexandros Efremidis und Stella Kirigiane-Efremidou, die seit 1983 das Restaurant "Beim Alex" in der Weinheimer Weststadt betreiben.

Wie geht es mit "Beim Alex" weiter?

Beim Blick in die Zukunft werden die beiden "Jubilare" aber auch nachdenklich. Sie würden sich wünschen, dass Sohn Vassili das Restaurant übernehmen kann. Doch dazu müssten Stadtverwaltung und Gemeinderat entscheiden, wie es mit dem Lokal an der Breslauer Straße weitergeht, also wann die Sanierung des Rolf-Engelbrecht-Hauses in Angriff genommen wird und wie lange das Restaurant für die Renovierungsarbeiten geschlossen bleiben müsste, wie die Pachtbedingungen dann aussehen - und, und, und. Die beiden haben das auch bei ihrer Festrede am Samstag durchblicken lassen, bei der nicht nur Parteifreunde wie Hans Georg Junginger und Geschäftspartner, sondern auch Oberbürgermeister Manuel Just, seine Vorgänger Uwe Kleefoot und Heiner Bernhard sowie Erster Bürgermeister Andreas Buske anwesend waren.

Diese Adresse kennt in der Weststadt jeder: Das Restaurant "Beim Alex" im Rolf-Engelbrecht-Haus an der Breslauer Straße. Foto: Thomas Rittelmann
Diese Adresse kennt in der Weststadt jeder: Das Restaurant "Beim Alex" im Rolf-Engelbrecht-Haus an der Breslauer Straße.

Aber vor allem merkte man ihrer Rede eines an: Die Liebe zu den Menschen - ganz besonders denen in der Weststadt. "Wir sind hier wie eine große Familie. Weißt du noch, wie zum Beispiel die Familie Becher am Anfang gekommen ist? Die Kinder waren klein und haben einen Lutscher bekommen - jetzt kommen sie mit ihren Enkeln und die bekommen demnächst sicher auch statt dem Lutscher einen Ouzo", scherzte Alex. "Aber wir haben auch viele schmerzhafte Ereignisse miterlebt. Krankheiten, Trauer - das alles erleben wir hautnah mit. Wir freuen uns mit und wir trauern mit - versuchen zu trösten und aufzubauen. Und umgekehrt freuen sich sich und trauern mit uns, wenn etwas mit uns passiert." Auch das Familienleben der beiden hat sich in weiten Teilen im Lokal abgespielt. Außer einmal, da sind sie mit ihren Kindern quasi ausgebüxt. "Unsere Silberhochzeit haben wir in Las Vegas gefeiert", erzählt Stella und holt wie durch Zauberhand ein Fotoalbum hervor. Es zeigt Alex mit Sonnenbrille und schickem Anzug, Stella im weißen Kleid in einer Wedding Chapel - umgeben von ihren Kindern. "Die Zeit vergeht so schnell", sagt Stella Kirgiane-Efremidou. "Als wir angefangen haben, waren an der Stelle des NH-Hotels noch die Kleingärtner, es gab noch eine Post in der Breslauer Straße, das Multzentrum war noch nicht gebaut", sagt sie. Ans Auswandern, wie zu Beginn ihrer Ehe, denken Alex und Stella übrigens nicht mehr. Wenigstens in dieser Hinsicht kann die Weststadt aufatmen.