Weinheim

Gefeiert wie eine Boygroup: „The 12 Tenors“

Kreischalarm in der Weinheimer Stadthalle: die stimmgewaltigen Herren reißen das Publikum von den Sitzen – nicht nur die weiblichen.

So frenetisch wie die zwölf Tenöre in Weinheim gefeiert wurden, ist klar: Sie kommen wieder. Foto: Marco Schilling
So frenetisch wie die zwölf Tenöre in Weinheim gefeiert wurden, ist klar: Sie kommen wieder.

Pünktlich zur Weiberfastnacht war am Donnerstagabend in der ausverkauften Stadthalle bei den Damen Kreischalarm angesagt, was so manch männlichen Begleiter leicht irritierte. Der Grund für so viel weiblichen Enthusiasmus waren zwölf attraktive Herren mit Gold in der Kehle, die lasziv die Hüften kreisen ließen und dazu den ein oder anderen Hemdknopf öffneten. „The 12 Tenors“ gastierten im Rahmen ihrer Europatour zum wiederholten Mal in der Stadthalle und präsentierten eine hinreißende Show mit stimmungsvollen Lichteffekten und originellen Regieeinfällen.

WNOZ WhatsApp-Kanal

Die Weinheimer Nachrichten und Odenwälder Zeitung auf WhatsApp! Aktuelle Nachrichten aus deiner Region. Die Top-Themen jeden Mittag frisch auf dem WhatsApp-Kanal.

Impressum

Spaß am hohen C

Hier trat das sogenannten „Boygroup-Phänomen“ in Kraft: eine bunte Gruppe gutaussehender Sänger mit starker Bühnenpräsenz und akkuraten Tanzbewegungen (Choreografie: Joshua Smith), von denen jeder eine spezielle Schublade bedient. Der sympathische Alexander Herzog, der einzige Deutsche des Ensembles, führte als souveräner und humorvoller Moderator durch den Abend. Dass dem Sänger mit dem stattlichen Umfang die Rolle des Spaßvogels zufiel, war zwar ein kleiner Ausrutscher ins Klischee, doch spätestens, als er sein mächtiges hohes C bei Puccinis „Nessun Dorma“ herausschmetterte, zeigte der studierte Opernsänger, dass er mehr kann als die Zuschauer zum Lachen zu bringen oder den Damen in der ersten Reihe zu versprechen, sich nach der Show einen Tenor mit nach Hause nehmen dürfen.

Bogen über alle Genres

Womit die zwölf Tenöre am meisten begeisterten, waren nicht nur die beeindruckenden Choreografien und die dramaturgisch gut aufgebauten Song-Beiträge. Es war vor allem der Bogen, der sich über sämtliche Genres von Oper über Pop bis zum Schlager spannte und von einer versierten Liveband unter der Leitung von Keyboarder Michael Siskov begleitet wurde.

Wann gab es das schon einmal in der Stadthalle, dass die Zuschauer mitten im musikalischen Beitrag unter Bravorufen aufsprangen. Einer von vielen Höhepunkten war Beethovens „Ode an die Freude“, als bei dem Refrain „Alle Menschen werden Brüder“ 700 Zuschauer einen gigantischen Chor bildeten. Auch hier zeigte sich, dass die Show der „12 Tenors“ vor allem von ihren Effekten lebt, aber auch von der Kunst ein Publikum vom ersten harmonischen Ton an mitzureißen.

Stimmgewaltige Herren

Wenn die zwölf stimmgewaltigen Herren ihr „You’ll Never Walk Alone“ so feierlich wie ein Versprechen interpretieren oder mit ihrer romantischen Version von „Sound Of Silence“ ihre Fans zu Tränen rühren, wenn sie bei „Griechischer Wein“ erst einmal plaudernd, wie in der Kneipe, zusammenstehen, um dann unter mehrstimmigem Gesang den Sirtaki zu tanzen, oder wenn sie kämpferisch die alte Partisanen-Hymne „Bella Ciao“ schmettern, spätestens dann liegt ihnen auch das männliche Publikum zu Füßen.

Ihr „We Are The World“ klingt so harmonisch, voller Gesten und Leidenschaft, weil sie, die aus England, Wales, Schottland, Ungarn, Österreich und Deutschland kommen, diese internationale Zusammengehörigkeit verkörpern. Dass die zwölf Tenöre nicht unbedingt wagnertauglich sind, sondern teilweise aus dem Musicalfach kommen, tut ihren spannungsreich fokussierten Klangräumen mit einem Hauch Revue-Glamour keinen Abbruch.

Der tosende Applaus, der bei ihrem Queen-Medley mit „We Will Rock You“ und „We Are The Champions“ Stadionstärke erreichte, ging nahtlos in ein temperamentvoll choreografiertes „Macarena“ über, an dessen Ende die beiden blonden Zwillinge Andras und Peter Horvath aus Ungarn unter dem Johlen der Damen ihre gestählten Oberkörper präsentieren.

Kuschel-Atmosphäre

Natürlich konnte bei einem so aufgedrehten Publikum nur mühsam das Ende der Show eingeläutet werden. Mit ein wenig Kuschel-Atmosphäre und einem Elvis-gerechten „Falling In Love“ oder einem Abstecher zu den Liverpoolern „Fab Fours“ mit „Yesterday“ wurde der Applaus-Pegel ein wenig heruntergefahren.

Am Ende der Show brachten minutenlange Zugabenrufe die zwölf Goldkehlen samt Band auf die Bühne zurück. Beim wehmütigen „Time To Say Goodbye“ wurden die Handy-Taschenlampen gezückt. „Wir kommen im nächsten Jahr wieder“, tröstete Alexander Herzog die restlos verzauberten Fans.