Weinheim

Seecontainer für neunköpfige Familie aus Lettland

Der Verein „That’s WHYnheim“ baut auf dem Weinheimer Stadionparkplatz einen ehemaligen Container in einen Wohnraum um – mit vereinten Kräften von Schülern und Firmen. Wie das Projekt zustande kam und wann es fertig sein soll.

Das Team von „That’s WHYnheim“ bekommt beim Ausbau des Seecontainers am Stadionparkplatz tatkräftige Unterstützung von Zehntklässern des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums. Auch andere Schüler sind beim Mitmachprojekt dabei. Foto: Marco Schilling
Das Team von „That’s WHYnheim“ bekommt beim Ausbau des Seecontainers am Stadionparkplatz tatkräftige Unterstützung von Zehntklässern des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums. Auch andere Schüler sind beim Mitmachprojekt dabei.

Die 17-jährige Sophia streicht die Wand in hellem Weiß. „Hier kommt mal das Bad hin“, erklärt die Schülerin des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums und deutet auf den hinteren Bereich des 28 Quadratmeter großen Seecontainers, der später mit einer Tür abgetrennt werden soll. Noch erinnert kaum etwas daran, dass hier in nur wenigen Wochen Wohnraum für eine lettische Familie geschaffen werden soll. Doch Sophia arbeitet daran und mit ihr zahlreiche jugendliche Helfer, die an diesem Nachmittag anpacken.

WNOZ WhatsApp-Kanal

Die Weinheimer Nachrichten und Odenwälder Zeitung auf WhatsApp! Aktuelle Nachrichten aus deiner Region. Die Top-Themen jeden Mittag frisch auf dem WhatsApp-Kanal.

Impressum

Anleitung bekommen sie vom Verein „That’s WHYnheim“. Für die engagierten Ehrenamtler ist es der zweite Containerausbau. Im Mai des zurückliegenden Jahres wurde das erste Projekt realisiert. Damals war ein Seecontainer für die Lettin Anna und ihre beiden Kinder ausgebaut, nach Jelgava südwestlich der Hauptstadt Riga transportiert und dort an das kleine Haus der Familie angebaut worden.

Manfred Ohlhaut (rechts) erklärt, was zu tun ist. Noch stehen die Ehrenamtlichen am Beginn des Innenausbaus. Foto: Marco Schilling
Manfred Ohlhaut (rechts) erklärt, was zu tun ist. Noch stehen die Ehrenamtlichen am Beginn des Innenausbaus.

Jetzt herrscht erneut geschäftiges Treiben auf dem Stadionparkplatz, wo der neue Container ausgebaut wird. Nachdem in den vergangenen Tagen die Fenster und Türen aus dem metallenen Großbehälter herausgefräst worden sind, steht in den nächsten Wochen der Ausbau an. Eine Seite des Containers ist bereits gedämmt und mit Holz verkleidet, die anderen Flächen folgen. „Das Dämmmaterial wurde gespendet“, erklärt Tobias Henschke, Vorsitzender von „That’s WHYnheim“. Das Projekt lebt von solchen Spenden und der Mithilfe der Bevölkerung. Immerhin fallen bis zur Fertigstellung des Containers Kosten in Höhe von 20 000 Euro an.

Spenden und Arbeitskraft

Bereits 2022 traf das Projekt auf eine enorme Spendenbereitschaft. Und auch in diesem Jahr lassen sich die Weinheimer Unternehmen nicht lumpen. 5000 Euro stellt die Volksbank Kurpfalz in diesem Jahr zur Verfügung, weitere 5000 Euro kommen von der Sanitär-Firma Kadel. Beide stehen dem Verein auch mit tatkräftiger Hilfe zur Seite. Henschke: „Es geht uns ja nicht nur darum, Gelder anzuzapfen. Wir wollen besonders bei jungen Menschen den Horizont erweitern, damit sie einen Blick dafür bekommen, wie gut es uns geht.“

Das ist bei Sophia und ihren Klassenkameraden bereits gelungen. Sie hatten den Verein bei einem sozialen Tag kennengelernt, waren in der Halle der ehemaligen Johann-Sebastian-Bach-Schule beim Packen von Lebensmitteln für die Ukraine dabei. Das humanitäre Engagement des Vereins hat sie nachhaltig beeindruckt.

Als die Mensa der DBS aus Krankheitsgründen eine Woche geschlossen war, organisierten die Zehntklässler kurzerhand den Kiosk. Der Verkaufserlös von 1000 Euro ging an „That’s WHYnheim“. Lehrerin Jana Süsser ist stolz auf ihre Schüler, die mit Feuereifer bei der Sache sind, „Die sind regelrecht angefixt von diesem tollen Projekt“, sagt sie. Die Lehrerin weiß um die Bedeutung der Erfahrungen, die die Schüler hier sammeln. Süsser: „Sie lernen, dass sie durchaus etwas bewegen können.“ Und das ist es auch, was Sophia zu ihrem Engagement bewegt. Sie sagt: „Mir geht es darum, anderen zu helfen.“

Die anderen, das sind im konkreten Fall Anita und ihre lettische Familie. Anita lebt mit ihren fünf Kindern und drei Enkelkindern in Brakas, 40 Kilometer entfernt von Riga – neun Menschen auf engstem Raum. Bilder von der Familie und ihrem baufälligen Haus hängen an der Außenwand des Containers. Aus ihnen sprechen die ärmlichen Verhältnisse. Man sieht zwei Zimmer, eine Küche ohne Spülbecken. Statt eines Badezimmers gibt es nur ein Plumpsklo auf dem Hof. „In Lettland gibt es viel versteckte Armut“, weiß Henschke, „und kein soziales Netz, dass die Menschen auffängt.“

Er hat das Land mehrfach bereist, kennt auch die Familien, die in Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Global Aid Network (GAiN) unterstützt werden. So kam auch der Kontakt mit Anita zustande. Ursprünglich war geplant, ihr altes Haus zu renovieren. „Aber es ist völlig marode“, erklärt Henschke. Die Alternative: zwei Container, weil einer zu klein wäre für die neunköpfige Familie. Der technisch aufwendigere Container wird in Weinheim ausgebaut, der andere vor Ort.

Bis in drei Wochen sollen eine Küche, ein Schlafzimmer und das Bad auf nur 28 Quadratmetern realisiert sein. Am 13. Mai, dem Tag des offenen Containers, wird der Abschluss des Projektes gefeiert. Zwischen 14.30 und 17 Uhr ist die Bevölkerung eingeladen, vor allem aber sollen alle Helfer kommen. Ende Juli wird der Container nach Lettland transportiert – ausgebaut und bestückt mit Hilfsgütern.

Hilfe für Ukraine und Syrien

Unterdessen wird auch die humanitäre Hilfe für Syrien und die Ukraine nicht vergessen. Der Verein „That’s WHYnheim“ sammelt weiterhin gut erhaltene Kleidung und packt Lebensmittelpakete in der Sporthalle der ehemaligen Bach-Schule in der Weinheimer Fichtestraße 18. Immer samstags zwischen 10 und 12 Uhr werden Spenden entgegengenommen. Und auch freiwillige Helfer sind an den Packstraßen willkommen. Für den Containerausbau gibt es allerdings mittlerweile genug helfende Hände.