Von Weinheim bis Grasellenbach

Unterbringung von Geflüchteten: Die Quote für 2023 ist vielerorts noch nicht erfüllt

Egal ob in Hirschberg an der Bergstraße, in Rimbach im Odenwald oder in Laudenbach - die Unterbringung von Geflüchteten stellt die Kommunen vor große Herausforderungen. Ein Überblick über die aktuelle Situation.

Die Unterbringung von Geflüchteten stellt die Kommunen an der Bergstraße und im Odenwald aktuell vor große Aufgaben. Foto: Alexander Scheuber
Die Unterbringung von Geflüchteten stellt die Kommunen an der Bergstraße und im Odenwald aktuell vor große Aufgaben.

Die Unterbringung von Geflüchteten ist keine leichte Aufgabe und viele Kommunen stoßen an ihre Belastungsgrenzen. Viele haben noch nicht einmal die Quote von 2023 erfüllt - und schon neue Zuweisungen für 2024 bekommen. WNOZ hat sich in den Städten und Gemeinden an der Bergstraße und im Odenwald umgehört: Wie viele Geflüchtete wurde schon aufgenommen? Wie viele müssen mittelfristig untergebracht werden - und welche Herausforderungen gehen mit den Zuweisungen einher.

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Geflüchtete in Weinheim

434 geflüchtete Männer, Frauen und Kinder sind aktuell schon in Weinheim untergebracht. "Wir haben noch eine Erfüllungsquote für 2023 von 131 Menschen, im Jahr 2024 beträgt sie laut Rhein-Neckar-Kreist weitere 212 Personen. Wir pflegen ein sehr verlässliches Verhältnis mit dem Rhein-Neckar-Kreis, sodass der Kreis auf die Fertigstellung weiterer Unterkünfte Rücksicht nimmt und abwarten kann", sagt Weinheims Pressesprecher Roland Kern. Im Moment gibt es die in den Jahren nach 2015 gebauten Unterkünfte am Seeweg, in Hohensachsen am Steinweg, in Lützelsachsen am Sportplatz Sandloch, in der Händelstraße, in der Stettiner Straße, in Oberflockenbach, die Unterbringung Bergstraße 204, in der Gleiwitzer Straße sowie in der früheren Jugendherberge, sowie dezentral in weiteren Unterkünften. "Weitere Unterkünfte werden gerade ausgebaut und können demnächst zur Verfügung gestellt werden", so Kern.

Die frühere Johann-Sebastian-Bach-Schule in der Weststadt soll künftig 40 Personen eine Unterkunft bieten, aktuell werden finale Arbeiten vorgenommen. Der Umbau der früheren Albert-Schweitzer-Schule läuft noch, später sollen dort circa 90 Personen unterkommen. Die weiteren Container im Gorxheimer Tal sind nahezu fertig und bieten Platz für 40 Personen.

Die Stadt Weinheim hatte außerdem die Kampagne "Vermiete doch an deine Stadt" gestartet, um gezielt Vermieter und Immobilienbesitzer anzusprechen. "Bislang haben sich etwa 20 Interessenten gemeldet und Immobilien zum Mieten oder zum Kauf angeboten. Mit den ersten zwei, drei steht unser Ordnungsamt in konkreten Verhandlungen", sagt Kern. Im Haushalt 2024 ist eine erste Rate für einen Neubau Am Schleimweg in Sulzbach vorgesehen. Die Pläne für eine Flüchtlingsunterbringung auf dem Gelände des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in der Friedrichstraße hingegen kommen aktuell auf den Prüfstand.

In Weinheim werden Geflüchtete auch in Containern untergebracht, beispielsweise im Gorxheimer Tal neben dem Waldschwimmbad. Foto: Marcus Schwetasch
In Weinheim werden Geflüchtete auch in Containern untergebracht, beispielsweise im Gorxheimer Tal neben dem Waldschwimmbad.

Geflüchtete in Hemsbach

In Hemsbach wird die Unterbringung von Geflüchteten am Montag (18. März) Thema in der Gemeinderatssitzung sein. Die Flüchtlingsunterkünfte in Hemsbach sind derzeit zu 90 Prozent belegt, heißt es in der Sitzungsvorlage. Rein rechnerisch müssen aus der Zuweisung 2023 noch elf Personen untergebracht werden und für 2024 müssen aktuell 44 Personen aufgenommen werden. Ende September fällt dann auch noch die Unterbringungsmöglichkeit in der Uhlandschule Ende September 2024 weg, was eine erneute Unterbringung von knapp 80 Geflüchteten notwendig macht. Unterm Strich ist für 119 Personen aktuell noch kein Platz zur Unterbringung vorhanden. Am Montag soll deshalb über Standorte für Container entschieden werden.

Geflüchtete in Laudenbach

Zum Stichtag 31. Januar waren in Laudenbach 90 Geflüchtete in der Anschlussunterbringung der Gemeinde untergebracht. "Für das Jahr 2024 müssen wir noch einen Rückstand aus 2023 von 33 Personen unterbringen sowie 35 weitere Personen", sagt Bürgermeister Benjamin Köpfle. Wie der Rückstand entstanden ist? "In Laudenbach haben wir keine zentrale Unterbringung, sondern mieten privaten Wohnraum für die Geflüchteten an. Doch die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot", sagt Köpfle. Denkt man im Rathaus nun doch darüber nach, zum Beispiel eine eigene Flüchtlingsunterkunft zu bauen? "Wir haben in Laudenbach nicht die notwendigen Flächen - und schon gar nicht in kommunalem Eigentum. Außerdem halte ich eine zentrale Unterbringung von Geflüchteten in einem kleinen Ort wie Laudenbach nicht für wünschenswert, da es sie Integration erschweren würde", so Köpfle.

Laudenbachs Bürgermeister Benjamin Köpfle sucht, wie viele seiner Amtskollegen, Wohnraum für geflüchtete Menschen. Doch es gibt aktuell nicht viele Angebote auf dem Markt. Foto: Philipp Reimer Fotografie
Laudenbachs Bürgermeister Benjamin Köpfle sucht, wie viele seiner Amtskollegen, Wohnraum für geflüchtete Menschen. Doch es gibt aktuell nicht viele Angebote auf dem Markt.

Geflüchtete in Hirschberg

Aktuell sind in Hirschberg an der Bergstraße 114 Personen untergebracht. m Jahr 2024 müssen noch 49 Personen untergebracht werden. Wie und wo werden sie untergebracht? Die betroffenen Personen werden in gemeindeeigenen und in angemieteten Wohnungen untergebracht, heißt es aus dem Hirschberger Rathaus. Deshalb ist Hirschberg ist weiterhin auf der Suche nach Wohnraum für die Unterbringung von geflüchteten Menschen. "Aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt ist die Herausforderung groß. Aber hier wurden auch schon Fortschritte erzielt. Aktuell leben von den 114 in Hirschberg untergebrachten Personen, 54 in angemieteten Wohnungen", sagt Frank Besendorfer, der in Hirschberg das Hauptamt leitet.

Geflüchtete in Birkenau

Auch der Bürgermeister von Birkenau, Milan Mapplassary, hat sich vor Kurzem in der Gemeindevertretung zur aktuellen Situation geäußert.

„Derzeit haben wir 66 Personen untergebracht. Mit der Fertigstellung weiterer Mietobjekte rechnen wir mit einer Unterbringung von mindestens 14 weiteren Personen im Laufe des Monats März“, sagte Mapplassary. Zudem haben sich aktuell wieder einige potenzielle Vermieter bei der Gemeindeverwaltung gemeldet – es sollen Besichtigungs- und Besprechungstermine stattfinden. Der Kreis Bergstraße habe mitgeteilt, dass die Aufnahmequote im ersten Quartal 2024 ausnahmsweise bei 14 Personen liege. Unter Berücksichtigung der bisherigen Aufnahmen habe die Gemeinde Birkenau also dafür zu sorgen, noch insgesamt 33 Menschen unterzubringen. Nachdem die Leistungsbeschreibung für die Aufstellung der Container versendet wurde, sei nun die Angebotsabgabe beziehungsweise die Submission für den 29. Februar vereinbart worden. Geplant sei, der Gemeindevertretung das Angebot im Optimalfall bei der Sitzung am 19. März vorzulegen. Bindefrist beziehungsweise Auftragsvergabe solle Ende April dieses Jahres sein. „Wir rechnen also damit, dass die Container gegen Ende des Sommers bezugsbereit sind“, sagte Mapplassary.

Die geplante Unterbringung von Geflüchteten im ehemaligen Jugendhaus im Birkenauer Ortsteil Nieder-Liebersbach hat für viele Diskussionen gesorgt. Foto: Fritz Kopetzky
Die geplante Unterbringung von Geflüchteten im ehemaligen Jugendhaus im Birkenauer Ortsteil Nieder-Liebersbach hat für viele Diskussionen gesorgt.

Geflüchtete in Grasellenbach

In Grasellenbach leben derzeit 55 Geflüchtete - damit hat die Odenwald-Gemeinde ihr Soll sogar "übererfüllt", denn die Zuweisung, gültig ab Mai 2023, geht von 46 Personen aus. Das hängt aber unter anderem damit zusammen, dass die Gemeinde die Unterkunft "Nibelungenring 9" vom Vermieter in Absprache mit dem Kreis Bergstraße - und damit auch 18 Bewohner - übernommen hat. "Wir sind also schon deutlich drüber und hätten noch Wohnungen frei", sagt Grasellenbachs Bürgermeister Markus Röth. "Ob die Quartale beim Kreis so gerechnet werden, lassen wir mal offen. Wir haben ab Mai 2023 angefangen, die Direktzuweisung zu erhalten, sodass in unserer Rechnung die Quartale im Mai 23 beginnen. Es weiß wahrscheinlich niemand so genau, wie es mit der europäischen und deutschen Flüchtlingspolitik weitergeht", sagt Röth und mit welchen Zahlen man noch in diesem Jahr und zukünftig zu rechnen hat.

Die Frage nach der Art der Unterbringung hat auch das Grasellenbacher Rathaus erheblich beschäftigt. "Der Wohnungsmarkt ist reichlich angespannt und Häuser kann man auch nicht immer gerade so schnell erwerben, dass es mit der Unterbringung und den Investitionskosten so reibungslos funktioniert. Zunächst wollten wir die Unterbringung möglichst dezentral bewerkstelligen, damit es zu keiner Anhäufung kommt. Erst einmal haben wir Wohnungen angemietet, wie die meisten Kommunen es gleichfalls getan haben", sagt Röth. Die Gemeinde kaufte außerdem zwei Mehrfamilienhäuser. Und Container? Bürgermeister Röth winkt für seine doch sehr ländlich geprägte Gemeinde ab: "Abgesehen davon, dass die Preise für Container alles andere als günstig sind: Niemand will Container in seinem Ortsteil oder seiner Nachbarschaft haben."

Wo liegen noch Schwierigkeiten? "Es gibt wie immer viele kleinere Schwierigkeiten, die viel Personal binden: Es gibt viele Wünsche, die für die öffentliche Hand nicht umsetzbar sind und in vielen Fällen auch unangebracht sind. Einmal ist der Besichtigungstourismus zu beklagen, also bleibe-berechtigte Flüchtlinge, die aus Sammelunterkünften an die Gemeinden vermittelt werden und teilweise mehrere Wohnungen schon abgelehnt haben, und dann auch Finanzierungsprobleme. Wenn Wohnraum angemietet oder gekauft worden ist, dann laufen die Kosten für Kreditfinanzierungen oder Miete und es ist freilich in jeder Gemeinde notwendig, dass die Belegung vorangeht, was in der Gemeinde Grasellenbach deshalb zu ,Überkontingenten' geführt hat – dafür jedoch im Nachgang weniger Flüchtlinge genommen werden müssen", sagt Röth.

Grasellenbachs Bürgermeister Frank Röth in seinem Amtszimmer. Foto: Bettina Arndt
Grasellenbachs Bürgermeister Frank Röth in seinem Amtszimmer.

Geflüchtete in Abtsteinach

Seit dem Beginn der Direktzuweisungen durch den Kreis Bergstraße im Frühjahr 2023 hat die Gemeinde Abtsteinach insgesamt 22 Geflüchtete untergebracht, berichtet der Leiter des Haupt- und Ordnungsamtes, Stefan Pape. Im aktuellen Quartal 1/2024 muss die Gemeinde Abtsteinach noch zwei weitere Geflüchtete unterbringen. "Die Aufnahmesollzahlen für die nächsten Quartale sind uns noch nicht bekannt. Wir gehen aber davon aus, dass wir in den Quartalen 2-4/2024 jeweils zwischen 7 und 9 Geflüchtete aufnehmen müssen. Wir konnten bisher alle Geflüchteten in von uns angemieteten Wohnungen und Häusern unterbringen. Dies wird uns wahrscheinlich auch im Jahr 2024 gelingen", so Pape.

Geflüchtete in Rimbach

Wie viele Geflüchtete wurden bereits in Rimbach untergebracht? Zum derzeitigen Stand sind 72 Personen zugewiesene Personen durch die Gemeinde untergebracht, sagt Rimbachs wiedergewählter Bürgermeister Holger Schmitt. Ursprünglich waren 84 angekündigt worden, später wurde die Zahl auf 75 korrigiert. Wie viele müssen mittelfristig untergebracht werden? Im ersten Quartal 2024 voraussichtlich 13 Personen. "Der weitere Trend ist unbekannt", sagt Schmitt. Bis zum 31. März 2024 müsste Rimbach also rein rechnerisch 16 Personen unterbringen. "Hierüber hinaus lässt sich noch keine verlässliche Aussage treffen. Der Kreis Bergstraße wird mitteilen, mit welchen Zahlen ab dem 2. Quartal 2024 zu rechnen ist. Das 1. Quartal ist abgedeckt, je nach Entwicklung ist das 2. Quartals ebenfalls noch zu stemmen", so Schmitt. Untergebracht werden die Geflüchteten in insgesamt 17 Wohneinheiten (angemietete Wohnungen / Wohngebäude), außerdem 12 Wohneinheiten in Containern. An der dezentralen Unterbringung wird Rimbach festhalten. Laut Bürgermeister Schmitt wurden in der Gemeinde fast ausschließlich Familien aufgenommen, die ein Bleiberecht haben."