Verordnung

Weinheimer Tierheim fordert Kastrationspflicht

Das Weinheimer Tierheim sieht ein großes Problem durch die unkontrollierte Vermehrung von Katzen in der Stadt. Es fordert eine Kastrationspflicht, die durch das Rathaus durchgesetzt werden soll.

Elisa Schmitt (links) und Jutta Schweidler vom Weinheimer Tierheim haben mit den Streunerkatzen alle Hände voll zu tun. Foto: Gabriel Schwab
Elisa Schmitt (links) und Jutta Schweidler vom Weinheimer Tierheim haben mit den Streunerkatzen alle Hände voll zu tun.

Weinheim. Das Weinheimer Tierheim sieht ein immenses Problem in der unkontrollierten Vermehrung von streunenden Katzen. Deshalb wiederholt die Einrichtung ihre ausdrückliche Forderung nach einer kommunalen Kastrationspflicht. Die Verwaltung reagiert jedoch verhalten.

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„Es ist wirklich ein ganz stilles Elend“, sagte Tierheimleiterin Jutta Schweidler bei der gestrigen Informationsveranstaltung im Beisein von Kommunalpolitikern, Rathausmitarbeitern und Interessierten. Insgesamt bilanziert Schweidler die Zahl der herrenlosen Katzen, die in den vergangenen fünfeinhalb Jahren vom Heim kastriert und versorgt wurden, auf 482. Die Kosten betrugen rund 99 900 Euro. Doch die Anzahl der erfassten Tiere sei viel geringer als die Dunkelziffer. Die Heimleiterin spricht von hunderten Katzen, die auf leisen Pfoten und von der Allgemeinheit meist unentdeckt durch Weinheim streunern. Am schlimmsten sei die Situation am Drachenstein. Allein dort hat das Tierheim in den vergangenen fünfeinhalb Jahren 189 herrenlose Katzen eingefangen und beim Tierarzt kastrieren lassen. Weitere Katzen-Hotspots seien das Umfeld der Bertleinsbrücke (124 in fünf Jahren) und der Firma Freudenberg (85) sowie des Krankenhauses (71). Dort haben Ehrenamtliche in der vergangenen Woche wieder zehn Katzen gefangen.

Weiter betont die Tierheimleiterin, dass ein erheblicher Teil der herrenlosen Katzen krank und/oder verletzt ist. Neben Schweidler hängen Bilder der Tiere. Sie haben offene Wunden, amputierte Beine und andere Verletzungen. Ihre Krankheiten verbreiten die Streuner auch unter frei laufenden Haustieren. Katzenschnupfen sowieso, aber auch gefährlichere wie das FIP-Virus und Leukose. Um dem Problem der aberhundert Streunern Herr zu werden, müsste laut Schweidler wenigstens der Nachwuchs dezimiert werden. „Die Kastrationspflicht steht hier an erster Stelle.“ Der Frühling, und mit ihm die nächste große Vermehrungsrunde, ist bereits angebrochen.

Die Stadt Weinheim hat bei einer solchen Pflicht noch Bedenken. Das Ganze müsse rechtlich haltbar sein, betont Verwaltungsmitarbeiter Stefan Grabinger.

Hohe rechtliche Hürden

Die Voraussetzungen für eine Kastrationspflicht seien relativ hoch. Und zuvor müssten erst einmal geringfügigere Maßnahmen erprobt werden. „Wenn wir sehen, dass diese nichts bringen, ist das eine Voraussetzung für härtere Maßnahmen.“ Ein milderer Vorstoß, der auch einfacher umzusetzen wäre, ist die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Katzen. Eine solche wäre für das Tierheim schon einmal ein erster Schritt: Nach eigenen Angaben betreut es jährlich etwa 280 Fellpfoten. Oft ohne zu wissen, ob es sich dabei um Haustiere oder Streuner handelt, die ohne Einwilligung eines Besitzers kastriert werden können. Ohne diese Sicherheit müssen die Heimmitarbeiter drei Wochen bis zur Kastration und Vermittlung warten.

Tierschutzbeauftragter Michael Ehlers ärgerte sich: „In den zwei Jahren, in denen wir über das Thema diskutieren, ist in Weinheim noch nicht viel passiert. Zumindest die Kennzeichnungspflicht könnten wir schon längst haben.“

Unabhängig davon erinnerte Ordnungsamtsleiter Markus Böhm daran, dass das Rathaus weder bei Registrierungs- noch bei Kastrationspflicht die Möglichkeit habe, Bürger bei Zuwiderleistung zu sanktionieren. „Die Verordnung gäbe es nur auf dem Papier. Das Schwert ist mir einfach zu stumpf.“ Auch äußerte er seine Enttäuschung über die Zurückhaltung der Landesregierung, welche hier laut Koalitionsvertrag eine Gesetzesnovelle initiieren wollte. „Wir fühlen uns alleingelassen. Jede Kommune muss ihr eigenes Süppchen kochen.“

Leimen beispielsweise, mit dem die Stadt im Austausch steht, hat eine Katzenschutzverordnung erlassen. In Viernheim gilt sie bereits seit 2015. Und Mannheim hat mit der Registrierungspflicht einen ersten Schritt gewagt. Bestrafbar oder nicht: Tierheimleiterin Schweidler ist in jedem Fall davon überzeugt, dass die Kastrationspflicht eine große Hilfe im Kampf gegen die unkontrollierte Vermehrung wäre. Würde sich dann nur die Hälfte der Tierhalter an sie halten, wäre dem Heim schon sehr geholfen.

Ob es jedoch so weit kommt, steht noch in den Sternen. Viel wahrscheinlicher ist eine baldige Registrierungspflicht. Immerhin ein kleiner Trost für Heim und Tierschützer. Und die 2724 Menschen, die bislang die Petition für eine Katzenschutzverordnung in Weinheim unterschrieben haben.