Weinheim

Weinheims Partnerstadt: Oriya Ricardo Opfer des Terroranschlags auf Festival - Mutter liest Abschieds-SMS

Die Tragödie des Supernova-Festivals in Re'im, bei dem die Hamas den größten Massenmord an Juden seit dem Zweiten Weltkrieg verübte, hat das Leben von Hannie Ricardo und ihrer Familie für immer verändert: Ihre jüngste Tochter Oriya aus Weinheims Partnerstadt Ramat Gan war eines der Opfer.

Oriya Ricardo tanzte gerne. Ihre Mutter Hannie beschreibt sie als "wundervolles, lebensfrohes, wunderhübsches" Mädchen. Die 26-Jährige wurde während des Terror-Angriffs der Hamas auf dem Festival nahe des Gazastreifens ermordet. Foto: Screenshot Facebook/ MayorShama
Oriya Ricardo tanzte gerne. Ihre Mutter Hannie beschreibt sie als "wundervolles, lebensfrohes, wunderhübsches" Mädchen. Die 26-Jährige wurde während des Terror-Angriffs der Hamas auf dem Festival nahe des Gazastreifens ermordet.

Hannie Ricardo ringt um Fassung, aber sie will ihre Botschaft überbringen. Ihre 26-jährige Tochter Oriya aus Weinheims Partnerstadt Ramat Gan soll kein namenloses Opfer des Terrors bleiben: "Die Welt muss es wissen und die Welt muss kämpfen", sagt die New Yorkerin im Interview beim Sender MSNBC. "Ich muss für sie sprechen und für all die hunderten jungen Menschen, die massakriert wurden."

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Die Mutter von drei Töchtern, Oriya war mit 26 Jahren ihre jüngste, spricht von dem beispiellosen Terroranschlag, den die Hamas auf dem Supernova-Festival in Re'im verübte. Das friedliche Fest nahe der Grenze zum Gazastreifen war am 7. Oktober eines der ersten Ziele der islamistischen Hamas, die an diesem Tag den größten Massenmord an Juden seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verübte. Zwei Wochen später liegt die Zahl der Ermordeten in Israel nach offiziellen Angaben bei mehr als 1400 Menschen, rund 3000 wurden verletzt. Mindestens 203 Menschen wurden als Geiseln verschleppt, darunter auch die Deutsche Shani Louk. Weinheims Partnerstadt Ramat Gan zählt über 20 Todesopfer.

"Ich hatte immer noch Hoffnung"

"Das Massaker im Süden von Israel ist unser 11. September. Das Einzige, mit dem ich diese unmenschlichen Wesen vergleichen kann, sind die Nazis während des Holocausts", meint Hannie Ricardo im Gespräch mit Fernsehmoderatorin Joy Reid. "Es muss unglaublich schwer sein, hier zu sprechen", sagt Reid. "Dafür, dass Sie es tun, danke ich Ihnen so sehr."

Die Mutter fährt fort. Sie sei in der Nacht nach dem Terroranschlag geweckt worden: "Mir wurde gesagt, dass sie vermisst wird", berichtet Ricardo über ihre Tochter. Dass Oriya auf dem Festival war, hatte Hannie Ricardo zu diesem Zeitpunkt gar nicht gewusst. "Ich habe über ihre Freunde versucht, alle Informationen zu besorgen, an die ich kommen konnte." Die Ungewissheit blieb, die Mutter nicht. Gleich am Sonntag flog sie von New York aus nach Israel.

"Ich hatte immer noch Hoffnung, weil sie auf der Vermisstenliste war", erzählt Hannie Ricardo. "Dann wurde Oriya gefunden." Nach Angaben des Bürgermeisters von Ramat Gan, Carmel Shama-Hacohen, begab sich der Lebensgefährte der 26-Jährigen zu dem Feld, über das die Massen von Festivalbesuchern versucht hatten, vor dem Blutbad der Hamas zu flüchten. Ihr Freund fand ihren Leichnam „neben einem Busch“. Kurz vor ihrem Tod verließ eine SMS das Handy von Oriya Ricardo: "Mama, ich liebe dich so sehr", stand in ihr geschrieben. „Heute weiß ich: Das war ihre Abschieds-SMS. Sie wusste wohl, dass sie in Lebensgefahr ist“, sagt Ricardo im Gespräch mit der BILD-Zeitung.

Bürgermeister spricht Familien Beileid aus

"Dieses wundervolle, lebensfrohe, wunderhübsche Mädchen ist tot. Übermorgen werde ich sie beerdigen", so die verzweifelte Mutter im MSNBC-Interview am 11. Oktober. Am Tag der Beisetzung meldet sich Ramat Gans Bürgermeister Shama-Hacohen auf Facebook zu Wort, postet dort ein Bild von Oriya Ricardo. "Die ganze Stadt Ramat Gan ist bereits erfüllt von Trauer und Schmerz. Wir umarmen alle Familienmitglieder fest und teilen ihre Trauer", schreibt er in dem Beitrag. "Oriya Ricardo wurde heute begraben. Möge ihre Erinnerung ein Segen sein!" Es sei unfassbar, dass Ramat Gan bereits über 20 Opfer zähle.

Seit Ausbruch des Krieges betrauert die israelische Partnerstadt Weinheims, Ramat Gan, nahezu täglich Bürger, die während des Großangriffs der Hamas gestorben sind. Die meisten von ihnen sind Soldaten, die in Ausübung ihrer Tätigkeit gefallen sind. Die ersten beiden Opfer, deren Namen veröffentlicht wurden, waren der 19-jährigen Ili Bar Sadeh und der 29-jährigen Ido Yisrael Shani. Bürgermeister Carmel Shama-Hacohen bezeichnet die Verluste als Schicksale, die das Leben der Angehörigen und der gesamten Stadtgemeinde erschüttern.

Inmitten der Trauer formiert sich in Ramat Gan Solidarität und Widerstand. Die Bürger zeigen ihre Unterstützung durch das Aufhängen von Flaggen, die vom Rathaus verteilt wurden. Die Bewohner sammeln und verteilen Hilfsgüter für die Bürger der evakuierten Gebiete, was von der Stadt als "Geist der Freiwilligenarbeit auf seinem Höhepunkt" kommentiert wird. Freiwillige werden auch im Sicherheitssektor gesucht, um die bewaffnete Bürgerwehr in Zusammenarbeit mit der Polizei zu stärken. Bürgermeister Shama-Hacohen beziffert die Zahl der mittlerweile rekrutierten Bürger am Donnerstag mit 50.

Die Warn-App Tzofar meldet nahende Raketen: Unzählige Kommunen wurden zum Ziel der Bombardements. Foto: Screenshot: Tzofar-App
Die Warn-App Tzofar meldet nahende Raketen: Unzählige Kommunen wurden zum Ziel der Bombardements.

Die Bedrohung durch den anhaltenden Raketenbeschuss der Hamas bleibt bestehen und stellt den israelischen Raketenschutzschirm auf die Probe. Trotz der Bewertung, dass das Risiko einer direkten Attacke durch Terroristen in Ramat Gan als niedrig eingeschätzt wird, warnt Bürgermeister Shama-Hacohen, dass die Gefahr von Direktraketen auf ihrem Höhepunkt ist. 2021 versagte das Flugabwehrsystem Iron Dome, was zum Tod eines 55-jährigen Mannes führte.

Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just drückt seine Solidarität und sein Mitgefühl für Ramat Gan aus. Er und Albrecht Lohrbächer, der "Vater" des Austauschs zwischen Weinheim und Ramat Gan, haben vereinbart, in engem Austausch über die Lage in Ramat Gan zu bleiben.